Die erste und wichtigste Entscheidung aber fällen die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten – und das könnten sie schon am Montag bei einem Abendessen in Brüssel tun. Ein "informelles" Treffen heißt das in der EU-Amtssprache.
Doch informell ist dabei so gut wie gar nichts. Gastgeber Charles Michel hat nicht nur die 27 Staats- und Regierungschefs an den Tisch gebeten, sondern auch die amtierende Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, und die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola.
Fix gebucht ...
Bis zuletzt, so die Gerüchtebörse, die Michels Sprecherin so empörte, habe er versucht, Von der Leyen auszuladen. Ohne Erfolg, denn die Deutsche gilt mehr denn je als fix gebucht für eine zweite Amtszeit auf dem mächtigsten Posten der EU. Michel dagegen, der als Ratspräsident regelmäßig von Von der Leyen in die zweite Reihe verdrängt wurde, verlässt die europäische Bühne.
Der solide Wahlsieg der Europäischen Volkspartei EVP, dessen "Spitzenkandidatin" Von der Leyen war, hat die zuletzt heftigen Zweifel an ihr wieder ausgeräumt. Jene, die versucht hatten, querzuschießen, allen voran Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, sind nach Wahlniederlagen geschwächt. Mit insgesamt 13 EU-Regierungschefs aus der EVP-Familie sollte es genügend Unterstützung für sie geben.
Die EVP also hat die Zügel in der Hand. Auf dem Kutschbock, EVP-Chef Manfred Weber, der Tempo und Richtung vorgeben will. Das Tempo jedenfalls ist hoch angesetzt. Weber will eine schnelle Entscheidung für Ursula von der Leyen – und dazu für Roberta Metsola, die ebenfalls in die Verlängerung gehen soll.
Mit auf die Reise sollen auch Europas Sozialdemokraten. Die haben bei den EU-Wahlen ihre Stellung gehalten, sind wenn auch mit Abstand die zweitstärkste Fraktion im EU-Parlament. Man sei bereit, Von der Leyen zu wählen: Das war in den vergangenen Tagen in Brüssel von allen hochrangigen Vertretern der Sozialdemokraten zu hören. Dafür scheint der Posten des EU-Ratspräsidenten für einen aus ihren Reihen fix gebucht: Portugals Ex-Premier Antonio Costa.
... aber mit wem ins Ziel?
Schwieriger wird es mit der Unterstützung des dritten Partners, den Liberalen. Die haben bei den Wahlen massiv verloren, bedingt vor allem durch das Desaster von Macrons Partei in Frankreich. Dazu kommt eine drohende Spaltung, die sie zum unzuverlässigen Partner macht.
Der erste Schritt, Von der Leyens Ernennung, dürfte also leicht und schnell genommen werden. Wenn das Drehbuch der EVP hält, sollte es schon beim Abendessen in Brüssel das Jawort der 27 EU-Granden geben.
Im EU-Parlament ist die Mehrheit noch lange nicht gesichert. Ein paar Abweichler in den eigenen Reihen – im EU-Parlament sehr häufig – und schon könnte es eng werden, bei der Abstimmung, die bereits im Juli stattfinden soll. Eine mögliche Unterstützung wären die Grünen, die aber wären für die EVP ein unbequemer Partner für die kommenden Jahre. Schließlich soll diesmal die Wirtschaft ganz oben auf der Agenda stehen – die Klimaziele erst dahinter.
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