Kurz: Mehr Kredite, weniger Zuschüsse
Dagegen aber stemmen sich Kanzler Sebastian Kurz und die drei Regierungschefs von Schweden, Dänemarks und der Niederlande. Zusammen beharren die sogenannten „sparsamen vier“ darauf, dass die Hilfsgelder nur als Kredite vergeben und zurückgezahlt werden. Laut Kommissionsplan wären dies nun 250 Milliarden Euro – ein Kompromissangebot an die „sparsamen vier“.
Kurz sieht den Kommissionsplan in einer ersten Reaktion darauf als "Startpunkt für die Verhandlungen". Positiv sei anzumerken, so der Kanzler, "dass die Zahlungen aus dem Wiederaufbaufonds zeitlich befristet sein sollen und sichergestellt ist, dass es dadurch keinen Einstieg in eine dauerhafte Schuldenunion gibt."
Was aus Sicht des Kanzler allerdings noch verhandelt werden müsse: "Die Höhe sowie das Verhältnis zwischen Zuschüssen und Krediten. Es ist naheliegend, dass die Südländer möglichst viel einfordern, dass die Visegrad-Staaten darauf schauen, dass Geld auch in den Osten Europas fließt. Genauso gibt es die Länder, die zahlen müssen, wie die Niederlande, die Schweden, die Dänen und wir. Wir sprechen uns daher aus Verantwortung gegenüber unseren Steuerzahlern klar für Kredite aus.“
Auch in den Niederlanden bewertet man den Kommissionsplan noch nicht als konsensfähig. „Die Positionen liegen weit auseinander“, kommentierte ein niederländischer Diplomat am Mittwoch in Brüssel. Es sei schwer vorstellbar, dass der Vorschlag so angenommen werde.
Laut Plan der Kommission würden Österreich Zuwendungen in Höhe von rund vier Milliarden Euro zukommen. Bahnbrechend neu an den Wiederaufbaumilliarden der EU ist die Art, wie sie aufgebracht werden: Die Kommission erhält grünes Licht, die gewaltige Summe auf dem Kapitalmarkt aufzunehmen. Die EU-Staaten garantieren dafür, aber nur für den Anteil, den sie auch am EU-Budget leisten: Im Fall Österreichs wären dies 2,6 Prozent der Summe.
„Eine gemeinsame Schuldenaufnahme ist in dieser Krise sinnvoll, weil damit auch die hoch verschuldeten Länder billiges Geld bekommen und in der Krise gegensteuern können“, sagt Ex-Wifo-Chef Karl Aiginger. Er habe aber auch „Verständnis, dass die Nettozahler es mit gewisser Vorsicht machen wollen und Bedingungen stellen“, führt der nunmehrige Chef der "Querdenkerplattform" gegenüber dem KURIER aus.
Abgestottert werden die 750 Milliarden in den kommenden Jahrzehnten aus dem EU-Haushalt – also letztlich über die Beiträge der EU-Mitgliedsstaaten.
1.100 Milliarden fürd Budget
Wenig Überraschung bot Kommissionschefin von der Leyen gestern hingegen mit ihren Vorschlägen für das kommende EU-Budget: Rund 1.100 Milliarden Euro soll der Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027 umfassen.
Zusammen mit den Corona-Hilfsmilliarden stehe der EU damit eine „Feuerkraft von 1,85 Billionen Euro zur Verfügung, um den Motor der europäischen Wirtschaft wieder anzuwerfen“, sagte sie. Bereits beschlossen wurden in der EU ein Paket an Kredithilfen für Kurzarbeiter, Unternehmen und Gesundheitskosten der EU-Staaten in Höhe von 540 Milliarden Euro.
„In der Summe würde das unsere Anstrengungen für die wirtschaftliche Erholung auf 2,4 Billionen Euro bringen“, rechnete von der Leyen vor.
Doch mit der Präsentation dieser Pläne hat das Ringen um die Milliarden erst begonnen: Die EU-Staats- und Regierungschefs müssen einhellig zustimmen, das EU-Parlament muss ebenfalls Ja sagen.
Dabei zeichnen sich alte Gräben ab: Die „sparsamen vier“ und Deutschland, allesamt Nettobeitragszahler, beharren auf ihren Rabatten hinsichtlich der Beiträge. Und von höheren Beiträgen ins EU-Budget will man schon gar nichts hören.
Zudem pochen sie darauf, dass die Budget-Ausgaben anders gewichtet werden müssen: Viel mehr Geld in Digitalisierung, Forschung und Klimaschutz und viel weniger für den noch immer riesigen Agrarbereich. Für ihn sind rund 30 Prozent der EU-Budgetausgaben vorgesehen. Aiginger: "30 Prozent Agrarmittel ist eine Idiotie, und diese Mittel gehen größtenteils für die Agrarindustrie. 20 Prozent wären genug, und davon müssten die Gelder in regionale und Bergbauernförderung fließen und nicht in die Unterstütztung für die Großbauern."
Kommentare