Wann fällt die Entscheidung, ob die Ukraine in die EU aufgenommen wird?
Am Freitag wird die EU-Kommission in Brüssel wohl die Empfehlung abgeben, dass die Ukraine den Kandidatenstatus erhalten soll. Damit ist das Land noch lange nicht Mitglied, es wäre der erste Schritt in einem jahrzehntelangen Prozess. Die Türkei etwa hat seit 22 Jahren EU-Kandidatenstatus – und ein Beitritt scheint ferner denn je.
Gibt es kein Schnellverfahren für die Ukraine?
Abkürzungen zur Mitgliedschaft gibt es für kein Land. Selbst Österreich, das viele Voraussetzungen für einen Beitritt schon vorab erfüllt hatte, brauchte vom Antrag bis zum tatsächlichen Beitritt 1995 fünf Jahre. Ein Schnellverfahren wird auch die Ukraine trotz ihrer Notlage nicht erhalten.
Die Kommission empfiehlt, wer entscheidet?
Nach der Empfehlung der Kommission werden die EU-Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel Ende nächster Woche darüber entscheiden, ob die Ukraine den Kandidatenstatus erhält. Dafür braucht es Einstimmigkeit. Es gibt aber viele Skeptiker: Frankreich, Dänemark, die Niederlande und auch Deutschland zögern noch.
Und wie ist Österreichs Haltung dazu?
Kanzler Karl Nehammer sagte in der Vorwoche, ein Ja zur Ukraine gebe es nur, „wenn das Gleiche auch für die Staaten des Westbalkans gilt und für die Republik Moldau.“ Auch Außenminister Schallenberg drängt in dem Fall auf mehr Unterstützung für die Staaten des Westbalkans, die seit Jahren von der EU hingehalten werden. Nordmazedonien und Albanien etwa haben den Kandidatenstatus schon lange, doch echte Verhandlungen haben nie begonnen.
Der Kandidatenstatus ist also noch lange kein EU-Beitritt. Wozu dann das alles?
Es geht viel um Symbolik: Man würde der Ukraine damit die Hand für einen späteren, potenziellen Beitritt reichen. Es ist auch ein Signal gegen Russland und dessen Wunsch, sich die Ukraine einzuverleiben. Und ein wichtiges Signal an die Bevölkerung der Ukraine, wie Stefantschuk betonte: „Für mein Volk wäre es eine riesige Motivation, den Widerstand in diesem Krieg fortzusetzen“. Der Kandidatenstatus bringt aber auch Geldflüsse: In Form von Vorbeitrittshilfen fließen mehrere Milliarden Euro an die Kandidatenländer.
Was spricht gegen eine Aufnahme der Ukraine?
Das größte Hindernis ist der Krieg. So lange er dauert, ist an Verhandlungen nicht einmal zu denken. Aber auch alle anderen Kriterien – Rechtsstaatlichkeit, starke Marktwirtschaft, keine Korruption – erfüllt die Ukraine ungenügend. Das ist auch Politikern dort bewusst. Stefantschuk erklärte, man verlange deshalb „keine Zugeständnisse, keinen Sonderstatus“, und werde die Aufnahmekriterien nach Kriegsende „voll erfüllen, um die Vollmitgliedschaft in der EU zu erlangen“
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