Erdoğan kann in Syrien nur auf Terroristen zählen
Bereits vor Wochen hatte er es angekündigt, jetzt hat er seine ersten Schritte gesetzt: Recep Tayyip Erdoğan schickt seine Truppen – Schulter an Schulter mit islamistischen Terroristen direkt gegen die Truppen Bashar al-Assads und dessen Verbündete.
Dass Erdoğan im Verbund mit El-Kaida-nahen Organisationen in Syrien kämpft, ist im bald neun Jahre andauerenden Krieg nichts Neues. Dass es direkt gegen Assad – und damit unweigerlich gegen Russland – geht, sehr wohl. Der türkische Präsident beruft sich bei seiner neuen Offensive im Raum Idlib darauf, dass das Abkommen von Sotschi gebrochen worden sei.
Dieses hatten die Türkei, Russland und der Iran 2018 beschlossen. Um die Rebellenprovinz Idlib, in der 950.000 Menschen auf der Flucht sind, sollte eine entmilitarisierte Zone entstehen, Kampfhandlungen sollten in dieser Region keine mehr stattfinden.
Aus Sicht Assads befinden sich dort Terroristen auf syrischem Staatsgebiet, gegen die vorgegangen werden müsse. Ins selbe Horn stößt derzeit die russische Regierung: Die syrische Armee gehe nur gegen Terroristen vor, die Türkei sei quasi selbst schuld, wenn ihre Soldaten mit ihnen gemeinsame Sache machten.
Kein NATO-Beistand
Somit ist Erdoğan klar, welches Risiko er mit seinem Angriff in Idlib eingeht: Er riskiert eine Eskalation mit Russland – und steht im Großen und Ganzen alleine da, zumindest ohne die NATO: Ihr Generalsekretär Jens Stoltenberg wiederholte am Freitag gebetsmühlenartig die „Solidarität der NATO-Länder“, sein „Beileid für die Hinterbliebenen der gefallenen Soldaten“ (33 türkische Soldaten starben Donnerstagabend) und forderte Russland und Assad auf, die Bombardements in Idlib einzustellen.
Militärische Unterstützung des Verteidigungsbündnisses wird Erdoğan in Syrien nicht erhalten. Der berüchtigte Artikel 5 – der NATO-Bündnisfall – kommt erst zum Tragen, wenn ein NATO-Mitgliedsstaat angegriffen wird. Und nicht bei einem Angriffskrieg, wie ihn die Türkei in Syrien führt.
Dass es zu einem handfesten Konflikt zwischen Russland und der Türkei kommt, ist unwahrscheinlich. Allerdings hat der Russlands Präsident Putin andere Möglichkeiten: Würde er wie 2016 einen Urlaubsboykott gegen die Türkei aussprechen, würde das den türkischen Tourismus abermals massiv schädigen.
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