China sanktioniert US-Waffenkonzerne: Warum das eine Warnung an Europa ist
Johannes Arends
22.05.24, 16:52Es hat sich angekündigt. Schon unmittelbar, nachdem US-Präsident Joe Biden in der Vorwoche eine Reihe von Strafzöllen für aus China importierte Produkte verkündet hatte - darunter ein 100-Prozent-Aufschlag für chinesische Elektroautos - sagte die Regierung in Peking eine baldige "Antwort" voraus.
Eine Woche später ist es nun so weit, das Außenministerium in Peking gab am Mittwoch Sanktionen gegen ein Dutzend US-Rüstungsunternehmen und deren Manager bekannt, darunter Lockheed Martin, Raytheon und General Dynamics. Das sei eine "Gegenmaßnahme" auf die "Einschüchterung und wirtschaftliche Nötigung" durch die USA in Form von "wahllosen und ungesetzlichen Sanktionen gegen eine Reihe chinesischer Einheiten".
Die betroffenen Unternehmen hätten außerdem Waffen nach Taiwan exportiert - jene de-facto unabhängige Insel, die Chinas Regierung als Teil ihres Territoriums beansprucht. Die Exporte nach Taiwan seien deshalb eine "Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas" und würden "die Souveränität und territoriale Integrität" des Landes verletzen, deshalb erlaube man sich mit Blick auf die US-Sanktionen gegenüber Russland infolge des Ukraine-Krieges dasselbe Vorgehen.
Signal an Europa
Der neueste Schlag im chinesisch-US-amerikanischen Handelskrieg war erwartbar, ist aber in erster Linie symbolisch; genau wie die US-Sanktionen auf chinesische E-Autos. Die zwölf betroffenen US-Waffenkonzerne exportieren aktuell so gut wie keine Güter nach China, ebenso wenig wie chinesische Elektroautos im US-amerikanischen Markt momentan eine Rolle spielen.
Die chinesische Retourkutsche ist vielmehr als Signal zu verstehen - an die eigene Bevölkerung, die eine harte Linie gegenüber den Rivalen in Washington erwartet, aber auch an Europa. Denn die EU-Kommission untersucht gerade selbst, ob sich Zölle gegen chinesische E-Autos in Europa rechtfertigen lassen. Der Vorwurf: Chinas Regierung fördere heimische Firmen mit immensen Summen, damit die ihre Autos billiger anbieten können als die europäische Konkurrenz.
Doch in manchen EU-Staaten, allen voran Deutschland, ist die Sorge groß, dass China auf Zölle mit harten Gegenmaßnahmen reagieren könnte, was der deutschen Autoindustrie womöglich stärker schaden dürfte als umgekehrt. Firmen wie BMW, Mercedes-Benz oder VW verkaufen schließlich nirgendwo auf der Welt so viele Autos wie in China.
Die EU müsste chinesische Firmen bis 5. Juni vorab über Zölle informieren
Aktuell läuft die Untersuchung der EU-Kommission noch. Bis spätestens 4. Juli muss Brüssel jedoch bekannt geben, ob man die chinesischen Subventionen im E-Auto-Sektor als "marktverzerrend" einstuft - dann könnte man Zölle vor der Welthandelsorganisation (WTO) rechtfertigen. Vorläufige Zölle könnte die EU-Kommission selbst erheben, ohne Abstimmung der 27 Regierungschefs.
Wie Politico berichtet, muss die Kommission jedoch schon vier Wochen vor der Deadline, also spätestens am 5. Juni, etwaige betroffene Firmen über bevorstehende Handelsmaßnahmen informieren. Bis dahin muss die Entscheidung stehen - und zwar im Detail, inklusive der Höhe der Zölle. Das gibt Chinas Regierung die Zeit, Gegenmaßnahmen vorzubereiten.
Um die Zölle wieder aufzuheben oder zu verändern, bräuchte es später eine Abstimmung im EU-Rat - und dort eine qualifizierte Mehrheit. Das heißt: Mehr als zwei Drittel der Mitgliedsstaaten müssen sich dafür aussprechen. Dazu könnte es, je nach Stimmungslage und Gegenmaßnahmen aus Fernost, im Herbst kommen.
Für die europäische Auto-Industrie und deren Lobbyisten wird es also aller Voraussicht nach ein heißer Sommer werden.
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