Als Chinas Staatschef Xi Jinping vor fünf Jahren in Paris aus dem Flugzeug stieg, war die Welt noch eine andere: Kein Corona, kein russischer Angriff auf die Ukraine, kein neuer Nahost-Krieg. Vor allem aber waren die wirtschaftlichen Kräfte der Europäischen Union und des Reichs der Mitte noch in etwa gleich groß. Wenn Xi Jinping jetzt wieder in Frankreich begrüßt wird, tritt er als machtbewusster Chef eines Wirtschaftskolosses auf, der den Europäern davongezogen ist. Doch all das Kraftgehabe des starken Mannes aus Peking soll nicht täuschen: China braucht Europa – als Absatzmarkt.
Und genau das ist das Problem.
Mit riesigen Subventionen, wie sie in der EU verboten sind, stützt China Wirtschaftszweige wie den grünen Technologiesektor. Das sorgt für eine gigantische Überproduktion, die exportiert werden muss. Am besten ans kaufkräftige Publikum nach Europa, weil vielen chinesischen Sektoren der Weg in die USA wegen deren chinafeindlicher Politik verwehrt ist.
Doch die viel billigeren, staatlich gestützten E-Autos, die Solar- und Windkraftanlagen aus China – sie drohen den europäischen Markt zu ruinieren. Wie also sich wehren gegen die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt? Gegen einen unfair spielenden Wirtschaftspartner, auf den aber kein Staat der Welt verzichten kann? Strafzölle gegen chinesische E-Autos – wie sie etwa Frankreich und die EU-Kommission fordern, Deutschland aber vehement ablehnt?
Und hier ist es wieder, das alte Problem der EU: Uneinigkeit, wie mit den großen Fragen und Krisen umzugehen ist. Ein forscher französischer Präsident Macron, der „ein robustes Vorgehen gegen China“ verlangt und ein besorgter deutscher Kanzler Scholz – bei einem Streit mit Peking hätte Deutschland innerhalb Europas das größte wirtschaftliche Risiko zu tragen.
Diese Uneinigkeit spielt China in die Hände. Nicht ohne Grund führte Xi Jinpings Europareise dieses Mal zu den Destinationen Paris, Belgrad und Budapest. Frankreich, das ist ein durchaus USA-kritisches Reiseziel; Serbien ein enger Partner außerhalb der EU, und Budapest hat sich in den letzten Jahren überhaupt zu Chinas freundlich gesonnenem Brückenkopf in der EU entwickelt.
Alles, was Chinas Staatschef nun in den kommenden Tagen tun muss, ist also nur, an seinen angesagten Zielen erscheinen – und schon hat er die Spaltung Europas weiter vorangetrieben. Und Ungarn einmal mehr zu einer Frontstellung gegen Brüssel eingesetzt. Denn wenn China wie angekündigt das kleine Ungarn zu einer künftigen E-Autoproduktionsmacht hochrüsten will, bekommen Premier Orbán und seine rechtsnationale Regierung ihre Milliarden aus Peking statt aus Brüssel.
Und Chinas E-Autos müssen keine halsbrecherischen Importzölle zahlen – schließlich sind sie dann: made in Europe.
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