Wo Trump einst belächelt wurde: Zu Besuch im Trump-Tower
Schwere Betonblöcke sichern seit Sonntag den Hauptzugang zum Trump-Tower an der Madison Avenue in New York, die 56. Die Straße ist überhaupt gesperrt - wer den 200 Meter hohen Wolkenkratzer in Manhattan betreten will, muss sich eine lange Sicherheitssperre entlang hanteln.
Alles neue, ungewohnte Maßnahmen, seit Donald Trump am Samstag Opfer eines Schussattentates wurde und seither feststeht, dass der wahlkämpfende Ex-Präsident und seine Luxusimmobilien noch mehr Schutz benötigen.
"Wahlkampf macht alles schlimmer"
Elena, die bei einem Glas Rotwein in der halbleeren Bar des Trump-Towers sitzt, überrascht das gar nicht. „Die Stimmung ist so aufgeheizt, der Wahlkampf macht das alles nur noch schlimmer. Wenn man gehört hat, welche Beleidigungen sich Demokraten und Republikaner gegenseitig an den Kopf werfen, muss man sich nicht wundern, dass so was passiert ist.“
Noch immer sind die Motive des unauffälligen 20-jährigen Mannes, der den Ex-Präsidenten töten wollte, völlig unklar. Elena sind die Gründe des Schützen egal, sie möchte nur eines: „Ich hoffe, dass sich beide Seiten beruhigen und die Situation nutzen und jetzt friedlicher miteinander umgehen.“
Trump, Trump, Trump
Immer wieder huschen ein paar versprengte Besucher der Bar an der Mittfünfzigerin vorbei und schießen ein schnelles Foto von ihrem Idol: Donald Trump, wie er von einem riesigen Porträt herabblickt. Überhaupt ist die Bar vollgepflastert mit Trump-Bildern in heroischer Pose: Trump mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-Un, Trump mit Spitzenmilitärs, Trump mit diversen Politikern.
Trump-Devotionalien gibt es im Souterrain in zwei Geschäften zu kaufen, und in den 58 Stockwerken befindet sich neben dem berühmten, hyperkitschigen Penthouse der Ex-First-Family auch die Zentrale der Trump-Organisation und zahlreiche Trump-Firmen.
Einst verkannt, heute geliebt oder gehasst
Das Trump-Gebäude in New York ist ein stahlgewordenes Bildnis goldverzierter Selbstbespiegelung. Von der berühmten Rolltreppe aus - heute gesperrt - verkündete der frühere Immobilienmogul im Jahr 2015, dass er US-Präsident werden wolle. Damals belächelt und verkannt, wird der 78-Jährige heute gehasst oder geliebt - und mit zunehmender Wahrscheinlichkeit, dass er am 5. November erneut gewählt werden könnte, auch gefürchtet.
Nicht so von einem jungen Mann mit MAGA-Kappe, der stolz ein Selfie vor einer großen Wandplakette schießt: „45.Präsident der Vereinigten Staaten - Donald Trump“ steht darauf. Dass der gebürtige Indonesier, der eben erst seine US-Staatsbürgerschaft erhalten hat, Trump wählen wird, versteht sich von selbst.
"Jetzt kann alles passieren"
Aber warum eigentlich? „Weil es mit ihm weniger Steuern geben wird“, sagt er und fügt dann noch schnell hinzu „weil dann weniger Immigranten kommen.“ Dem Neo-Amerikaner bereitet das Attentat auf den Ex-Präsidenten große Sorgen: „Das ist sehr schlecht für uns alle. Jetzt kann alles passieren“, meint er, zückt seine MAGA-Kappe und macht anderen Trump-Fans Platz, die auch noch ihr Selfie vor der Präsidentenplakette schießen wollen.
Im Trump-Tower ist an diesem extrem heißen Nachmittag in New York außergewöhnlich wenig los. In den Straßenschluchten draußen dampft die schwüle Hitze bei 36 Grad, weswegen sich Busfahrer Jake für ein paar kühle Momente ins klimatisierte Gebäude zurückgezogen hat. „Dass so wenige Leute hier sind, hat sicher mit der Angst zu tun, dass Trump jetzt noch mehr angegriffen werden könnte“, meint er.
Ob er auch Angst hat? „Ich?“, lacht er, „hey, ich bin New Yorker! Wir haben den Terror von 9/11 überlebt. Ich hab eher ein Problem mit der Kriminalität.“ Wählen will er im Herbst dennoch nicht: „Ich habs nicht so mit der Politik.“
Ganz anders als Elena, die mittlerweile beim zweiten Glas Rotwein sitzt, und noch einmal beteuert: Sie sei zwar eingetragene Demokratin und als Enkelkind italienischer Einwanderer für Zuwanderung, „aber nur für die legale. Alle die, einfach so illegal über die Grenze zu uns kommen, müssen zurück.“
Und weil Biden und die Demokraten das nicht geschafft hätten, Trump das aber sehr wohl schaffen werde, wie sie sagt, werde sie, die Demokratin, im Herbst zum ersten Mal Trump wählen.
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