"Die Agenda": Deutscher Altkanzler Schröder hat nun Podcast

Schröder bei einem Interview in Berlin im November 2018.
Der Ex-Regierungschef sprach in der ersten von acht Folgen unter andrem über Merkel, Söder, Scholz und sein Leben während der Coronavirus-Beschränkungen.

Der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) startete am Dienstag seine eigene Podcast-Reihe. Zu hören wird "Gerhard Schröder - Die Agenda" nun immer dienstags sein, unter anderem auf gängigen Plattformen wie Spotify, Apple Podcasts und Deezer. Der Titel "Die Agenda" ist eine Anspielung auf Schröders tiefgreifende, zugleich in Deutschland und insbesondere in der Sozialdemokratie umstrittene Reformpolitik, mit der Rot-Grün in den frühen Nuller Jahren das deutsche Sozialsystem umgebaut hat.

Der 76-Jährige ist der erste deutsche (Ex-)Spitzenpolitiker, der sich ans Format des Podcasts wagt. In der ersten der acht Folgen teilte Schröder am Dienstag wie gewohnt auch mal aus. Der ukrainische Botschafter, der ihn als "Top-Lobbyisten" des russischen Präsidenten Wladimir Putin bezeichnet hatte, ist für Schröder zum Beispiel nur ein namenlos bleibender "Zwerg".

Lob für Söder und Scholz

Lob gibt es hingegen für Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder von der konservativen CSU. "Er macht einen strammen Job, sehr professionell", sagte Schröder. Seine Nachfolgerin im Kanzleramt, Angela Merkel (CDU)? "Macht das ordentlich." Nur im "Basta"-Sagen, Schröders einstiger Spezialität, könne die Kanzlerin ihm nicht das Wasser reichen. Denn Ministerpräsidenten, das wisse er aus eigenem Handeln, seien eigentlich nur profilierungssüchtige "Zaunkönige". Diese könnten jedoch "auch beißen".

Warme Worte kommen vom Altkanzler auch für manche Parteifreunde. Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) sei "zeitweise ein bisschen fixiert auf die schwarze Null" gewesen. Doch davon habe sich Scholz erfreulicherweise gelöst und im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise die "Bazooka" herausgeholt.

Die sogenannten Corona-Rebellen, die in Deutschland gegen die medizinischen Maßnahmen auf die Straße gehen? "Idioten gab es auf dieser Welt schon immer", befindet Schröder knapp.

"Natürlich nicht kritisch"

Das Setting des Podcasts: Schröder lässt sich in seiner Anwaltskanzlei in Hannover von seinem einstigen Regierungssprecher Béla Anda freundlich befragen. Man ist per Du.

Die dpa nennt den Podcast "natürlich nicht kritisch, aber unterhaltsam", die Süddeutsche Zeitung schrieb über die erste Folge: "Kürzungen, wie man sie aus Schröders Reformpolitik kennt, hätten hier sicher auch nicht geschadet."

Schröder entdeckt mit seiner Podcast-Premiere nach seiner Anmeldung beim Karriere-Netzwerk Linkedin im April offenbar weiter die sozialen Medien für sich. Die Zeit von "Bild, BamS und Glotze" - Schröder hatte einst gemeint, er brauche zum Regieren nur die größte Boulevardzeitung, deren Sonntagsausgabe und die Fernsehsender - ist also selbst für den einstigen Internetmuffel Schröder vorbei. Direkte Kommunikation erspart schließlich auch unangenehme Fragen, etwa nach seinem Engagement für Russland und russische Firmen, auf die er in Interviews mit Medien häufig wütend reagiert.

Neue Beurteilung

Schröder überrascht im Podcast aber auch mit ungewohnter Selbstkritik. Er sei ein Skeptiker des Föderalismus gewesen, sagt er. Und räumt ein: "Das war ein Irrtum." Erst die Fähigkeit zum differenzierten Handeln habe Deutschland eine gut abgestufte Antwort auf die Corona-Krise ermöglicht.

Er selbst habe nicht sehr unter den Einschränkungen der Corona-Krise gelitten: "Es war aushaltbar." Nur Restaurantbesuche und die Arbeit habe er vermisst.

Tennis und Golf

Dann setzt er noch einen seiner Schröder-Sprüche drauf, bei dem manche SPD-Linken wohl die Faust in der Hosentasche ballen. Er hätte sich bei den Beschränkungen eine differenzierte Beurteilung der Sportarten gewünscht, etwa bei "Tennis und Golf, die ja angeblich von den Wohlhabenden gespielt werden. Was ja auch nicht immer stimmt, beispielsweise in meinem Falle", sagte der Multi-Aufsichtsrat mit typischem Schröder-Humor.

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Schröders Auftritt bei LinkedIn

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