Deutschlands Junggenossen sind enttäuscht über Ampel-Vertrag
Tag für Tag fallen weitere Namen für die künftigen Ministerposten der Ampel-Koalition. In Sachen Diversität bleibt das Kabinett für viele jedoch unter den Erwartungen: Einige der wichtigsten Posten in der neuen Regierung sind bereits vergeben, vorwiegend an westdeutsche, weiße Männer, kritisieren etwa Aziz Bozkurt, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt der SPD, oder Wirtschaftsjournalist und Autor Sascha Lobo.
Dabei ist dem Thema Vielfalt im Ampel-Koalitionsvertrag sogar ein eigenes Kapitel gewidmet, die Parteien fordern "mehr Repräsentanz und Teilhabe". Scholz hatte das Ziel ausgegeben, sein Kabinett mit ebenso vielen Ministerinnen wie Ministern zu besetzen. Grüne und FDP haben zusammen fünf Frauen und sechs Männer nominiert, die SPD, die ihre Minister erst Anfang Dezember benennen will, muss also ausgleichen.
Kritik aus eigenen Reihen
Am Samstag kümmerte sich der designierte Kanzler jedoch weniger um die Ministerfrage als um die kritischen Stimmen aus der eigenen Jugendorganisation. Die Jusos hatten beim Bundeskongress ihre Unzufriedenheit mit dem Koalitionsvertrag und dem neoliberalen Koalitionspartner kundgetan: Der FDP wurde vorgeworfen, den finanziellen Spielraum der künftigen Regierung durch rigide finanzpolitische Vorstellungen einzuschränken. Scholz rief zu Zurückhaltung auf: "Es ist nicht wichtig, wer welches Ressort hat. Es geht um eine Gesamtleistung, die die Regierung zustande bringen muss. Wir haben eine Situation, in der wir wirklich einen Aufbruch für Deutschland wagen können."
Kritisiert wurde, dass der Vertrag zu wenig Verteilungsgerechtigkeit und zu wenig Schutz für Mieter vor Mieterhöhungen vorsehe und die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber forciere. Ein Delegierter beklagte, die "Ampel" wolle "mehr Menschen abschieben als die Union".
Mitspracherecht
Die Jusos stellen 49 der 206 SPD-Bundestagsabgeordneten und haben einen deutlich größeren Einfluss als früher. Scholz war 13 Jahre lang selbst bei der Organisation und von 1982 bis 1988 Vize-Bundesvorsitzender.
Die Stimmen des Nachwuchs sind nicht unwichtig: Scholz braucht die Zustimmung von Mitgliedern sowie Delegierten der SPD, um am 6. Dezember vom Bundestag zum Kanzler gewählt zu werden.
Kommentare