Deutschland: Zehntausende Menschen bei 1. Mai-Demos

Deutschland: Zehntausende Menschen bei 1. Mai-Demos
Ein Großaufgebot der Polizei stand in vielen Städten parat. Man hatte besonders Sorge über propalästinensische Aktionen mit verbotenen Slogans gegen Israel.

Mehr als zehntausend Menschen haben sich am 1. Mai an linken und linksextremen Demonstrationen in Deutschland beteiligt, vor allem in Berlin und Hamburg.

Die Polizei stand jeweils mit einem Großaufgebot parat, um mögliche Krawalle in der Nacht zu verhindern. Vor dem Hintergrund der Spannungen um den Gaza-Krieg gab es besonders Sorgen über mögliche propalästinensische Aktionen mit möglicherweise verbotenen Slogans gegen Israel.

Satirischer Aufruf zur "Razzia im Villenviertel"

Daneben gab es die traditionellen Demonstrationen der Gewerkschaften am Tag der Arbeit für mehr soziale Gerechtigkeit, bei denen es kaum Vorfälle gab. In Berlin folgten zunächst mindestens 4.000 Menschen dem satirischen Aufruf zur "Razzia im Villenviertel" im Stadtteil Grunewald. Für den Abend hielten sich Tausende Polizisten für mögliche Störungen bei der linksradikalen "Revolutionäre 1. Mai Demonstration" in Neukölln bereit. Nach Hinweisen von Anwohnern entdeckte die Polizei dort nachmittags Steindepots.

"Die Sicherheit unserer Stadt hat oberste Priorität", erklärte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) auf der Plattform X (vormals Twitter). Die Polizei werde konsequent gegen Straftäterinnen und Straftäter vorgehen. Die Polizei teilte mit, sie begleite mit 5.600 Kräften insgesamt 19 Versammlungen. Unterstützt werde man von 2.400 Polizistinnen und Polizisten aus anderen Bundesländern. Bereitgehalten wurden auch Räumfahrzeuge, Wasserwerfer, ein Hubschrauber und Lichtmasten zum Ausleuchten der Straßen vor allem in den Stadtteilen Kreuzberg und Neukölln.

Deutschland: Zehntausende Menschen bei 1. Mai-Demos

Propalästinensische Sprechchöre

Eine Demonstration des Gewerkschaftsbundes DGB wurde nach Angaben der Polizei zeitweise angehalten, weil dort wiederholt propalästinensische Sprechchöre gerufen und Transparente gezeigt wurden.

Nach einem mutmaßlichen Brandanschlag auf Transporter eines großen Versandhändlers in Berlin-Reinickendorf tauchte ein Bekennerschreiben auf, wie die Polizei bestätigte. Ein politisches Tatmotiv sei nicht ausgeschlossen. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen. Zuvor hatte der Tagesspiegel berichtet. Am frühen Morgen hatten mehrere geparkte Lieferwagen gebrannt. 16 Fahrzeuge wurden durch Feuer oder Hitze beschädigt. Menschen kamen nicht zu Schaden.

In Stuttgart wurde eine Demonstration der linken Szene in der Innenstadt beendet, wie die Polizei auf X mitteilte. Es sei zu Angriffen auf Einsatzkräfte gekommen. Die Beamten hätten mit Pfefferspray und Schlagstöcken reagiert. Die Demonstration richtete sich nach Polizeiangaben "gegen Sozialabbau", setzte sich "für eine solidarische Gesellschaft" ein und sei von einer Einzelperson angemeldet worden. Es sei zu "massiven Straftaten und Auflagenverstößen" gekommen.

Pyrotechnik auf dem Dach der Roten Flora 

In Hamburg gingen mehr als 6.000 Menschen mit linken und linksextremen Gruppen auf die Straße. Aufgerufen hatten Anarchisten aus dem Umfeld des linksautonomen Zentrums Rote Flora, das Umverteilungsbündnis "Wer hat, der gibt" und der vom Verfassungsschutz als gewaltorientiert eingestufte Rote Aufbau. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz. Entlang des Weges standen Wasserwerfer und Räumpanzer bereit. Auch die Reiterstaffel war zu sehen.

Am frühen Nachmittag waren nach Polizeiangaben in der Spitze 1.350 Demonstranten mit dem anarchistischen Bündnis "Schwarz-Roter 1. Mai" vom Bahnhof Sternschanze durch St. Pauli zum Altonaer Balkon gelaufen. Motto: "Solidarisch. Selbstbestimmt. Herrschaftsfrei". Als sie an der Roten Flora vorbeikamen, wurde vom Dach Pyrotechnik gezündet. Insgesamt sei der Aufzug aber friedlich verlaufen, sagte ein Polizeisprecher.

Die mit laut Polizei 4.000 Teilnehmern größte Demonstration startete wenig später vom Bahnhof Dammtor. Der bunte Zug des Bündnisses "Wer hat, der gibt" führte durch die Nobel-Stadtteile Harvestehude und Pöseldorf zum Eppendorfer Baum. "Lasst uns das Geld von denen holen, die es im Überfluss haben, um es denen zu geben, die es brauchen", hieß es im Aufruf. Die Polizei sprach von einem friedlichen Verlauf.

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Partystimmung in Berlin

Am späten Nachmittag startete die "Revolutionäre 1.-Mai-Demo" des Roten Aufbaus vom Hauptbahnhof. Die Polizei sprach hier zunächst von gut 1.000 Teilnehmern. Unter dem Slogan "Krieg, Krise, Kapitalismus - so wie es ist, darf es nicht bleiben" sollte die Demonstration unter anderem durch St. Georg, Hohenfelde und Eilbek bis zum S-Bahnhof Landwehr führen.

Die linksextremen Aufzüge hatten in der Walpurgisnacht mit queer-feministischen Demonstrationen gegen Kapital und Patriarchat sowohl in Berlin als auch Hamburg begonnen. Unter dem Motto "Take back the Night" beteiligten sich laut Polizei in Berlin-Friedrichshain bis zu 2.800 vorwiegend weibliche Demonstrierende und in Hamburg-St. Pauli rund 900. In Berlin wurden acht Menschen vorläufig festgenommen und eine Polizeieinsatzkraft leichte verletzt. In Hamburg gab es keine größeren Zwischenfälle.

In Berlin-Kreuzberg war das lange übliche Straßenfest Myfest auch in diesem Jahr abgesagt worden. Dennoch feierten Zehntausende am Nachmittag auf den Straßen und Plätzen. Viele Kneipen, Bars und Späti verkauften Getränke und Essen, zum Teil wurde auch Musik gemacht. An vielen Stellen herrschte Partystimmung.

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