Wie läuft das Verfahren ab?
Zunächst müssen sich eben 37 Abgeordnete finden, die im Bundestag den Antrag einbringen. Der wiederum muss dann von einer Mehrheit angenommen werden, danach wird das Verfahren am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe geführt.
Das Procedere dort kann sich über Jahre ziehen, denn die Hürden sind sehr hoch: Der AfD muss nachgewiesen werden, aktiv gegen den Staat und die Prinzipien und Werte der Verfassung vorzugehen - und dabei auch Aussicht auf Erfolg haben. Im Verfahren kann die Partei Einsprüche erheben und es so in die Länge ziehen.
Wird es zum Verfahren kommen?
Das ist komplett offen. Zwar mehrten sich zuletzt die Mandatare für ein Verbotsverfahren, vor allem nach der turbulenten Landtagssitzung in Thüringen, wo der AfD-Alterspräsident bewusst Abstimmungen blockierte; das war für viele Beobachter die Lightversion eines Umsturzversuchs. Für eine Mehrheit reicht es derzeit nicht, das kann sich aber noch ändern - vor allem, wenn die Debatte öffentlich geführt wird.
Warum gibt es so viele Zweifler?
In vielen Fraktionen herrscht Angst, dass ein Verbot oder schon das Verfahren dazu der AfD in die Hände spielen könnte – und die Polarisierung nur verstärken würde. Und sollte das Verbot scheitern, würde das der Partei ebenso helfen, so die Furcht – ähnlich war es beim gescheiterten Impeachment gegen Donald Trump.
Die meisten Befürworter sind in Union und SPD zu finden, Grüne und Linke sind gespalten, die FDP geschlossen dagegen. Auch die Linkspopulistin Sahra Wagenknecht lehnt den Antrag ab, nennt ihn „dümmste Idee des Jahres“ und ein „Wahlkampfgeschenk“ an die AfD. Die könne sich über Jahre hinweg als Märtyrerin stilisieren und behaupten, die anderen Parteien würden sich ihrer undemokratisch entledigen wollen.
Wie groß sind die Chancen, dass ein Verbot durchgeht?
Gar nicht so klein, da sind sich die meisten Experten einig. Das Deutsche Institut für Menschenrechte etwa kommt in einer groß angelegten Analyse zum Schluss, dass alle Voraussetzungen vorliegen, weil die AfD "in ihrer Programmatik insgesamt rechtsextrem und verfassungsfeindlich" sei. Mehr noch: Ein Verbot müsse sogar erwirkt werden, weil "die Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung, die von der Partei ausgeht, unterschätzt oder verkannt wird“, so Institutsexperte Hendrik Cremer. Diese Normalisierung einer rechtsextremen Partei müsse gestoppt werden.
Wurde schon mal eine Partei verboten?
Ja, zweimal – allerdings in den 1950ern. Damals verbot Karlsruhe die nationalsozialistisch orientierte Sozialistische Reichspartei (SRP) und die stalinistische Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).
Gegen die rechtsextreme NPD scheiterten zwei Verfahren, diese Erfahrung hemmt auch viele in puncto AfD: 2003 wurde der Antrag abgelehnt, weil V-Leute des Verfassungsschutzes die Partei infiltriert hatten; 2017 hätte die Partei zwar alle Kriterien für ein Verbot erfüllt, war aber bundespolitisch bereits zu unbedeutend. Beide Hemmnisse wären bei der AfD ausgeschlossen – sie ist groß und einflussreich genug, und auch V-Leute würden vor Beginn eines Verfahrens zurückgezogen.
Wie reagiert die AfD?
Gar nicht. Bisher hat sich die Parteiführung noch nicht dazu geäußert – das ist für die sonst sehr laut kommunizierende AfD eher ungewöhnlich.
Wäre ein ähnliches Verbot auch in Österreich möglich?
Nein, derzeit nicht. In Österreich hält die Verfassung kein derartiges Instrument bereit. Verfassungsrechtler wie Peter Bußjäger würden sich aber zumindest eine Debatte über die Einführung eines solchen Passus wünschen (mehr dazu siehe oben).
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