Deutsche Familienministerin tritt nach Plagiatsaffäre zurück

Deutsche Familienministerin tritt nach Plagiatsaffäre zurück
Zuerst hatte Franziska Giffey ihren Doktortitel abgegeben. Jetzt tritt sie als Ministerin zurück und will Berliner Bürgermeisterin werden.

Angesichts anhaltender Diskussionen über die Aberkennung ihres Doktortitels will Franziska Giffey (SPD) ihr Amt als deutsche Familienministerin aufgeben. Die 43-Jährige hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch um Entlassung gebeten. Spitzenkandidatin der SPD für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus will Giffey indes bleiben. SPD-Justizministerin Christine Lambrecht soll nun das Familienministerium bis zur Bundestagswahl mitübernehmen.


Giffey gehört der deutschen Bundesregierung seit rund drei Jahren an und war zuvor Bürgermeisterin im Berliner Bezirk Neukölln. Sie will im Berliner Rathaus im Herbst Michael Müller (SPD) als Regierende Bürgermeisterin beerben und war am 19. Mai zur Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten gewählt worden.


Zur Begründung ihrer Bitte um Entlassung als Ministerin verwies Giffey auf das laufende Verfahren der Freien Universität Berlin (FU) zur Überprüfung ihres Doktortitels und die damit zusammenhängenden Debatten. „In den letzten Tagen sind erneut Diskussionen um meine Dissertation aus dem Jahr 2010 aufgekommen“, erklärte sie. Zwar sei das Verfahren noch nicht abgeschlossen. „Die Mitglieder der Bundesregierung, meine Partei und die Öffentlichkeit haben aber schon jetzt Anspruch auf Klarheit und Verbindlichkeit.“ Daher habe sie sich entschieden, die Kanzlerin um Entlassung durch den Bundespräsidenten zu bitten.


Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bedauerte die Rücktrittsentscheidung. „Ich nehme diese Entscheidung mit großem Respekt, aber ich sage auch mit ebenso großem Bedauern entgegen“, sagte Merkel am Mittwoch in Berlin. Sie habe mit Giffey sehr gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet. Dafür danke sie ihr von Herzen.


Die SPD will den Posten bis zur Bundestagswahl am 26. September nicht nachbesetzen. Justizministerin Christine Lambrecht (ebenfalls SPD) soll Giffeys Amt zusätzlich übernehmen. Das teilten die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans am Mittwoch in Berlin mit. „Wir sind sehr stolz, dass wir mit Christine Lambrecht eine so kompetente und erfahrene Nachfolgerin für Franziska Giffey in unseren Reihen haben“, so die beiden SPD-Vorsitzenden. Damit greift nicht die eigentlich vorgesehene Vertretungsregelung der Bundesregierung. Demnach hätte Bildungsministerin Anja Karliczek von der CDU das Familienministerium in den kommenden Monaten geführt.

Rüge für Doktorarbeit


Die FU hatte Giffey im Herbst 2019 wegen Mängeln in ihre Doktorarbeit eine Rüge erteilt, ihr aber nicht den Doktortitel entzogen. Nach breiter Kritik an ihrem Vorgehen startete die FU 2020 eine erneute Prüfung, die noch andauert. Die Rüge wurde zurückgezogen. Giffey führt den Doktortitel seither nicht mehr und hat schon vor längerer Zeit deutlich gemacht, dass auch ein möglicher Entzug durch die Universität für sie nichts an ihrer Spitzenkandidatur in Berlin ändere. Allerdings hatte sie für diesen Fall ihren Rücktritt als Ministerin angekündigt.


Anfang Mai gab die FU bekannt, dass ihrem Präsidium inzwischen der Bericht eines neuen Prüfgremiums vorliege. Giffey habe eine Frist von vier Wochen für eine Stellungnahme erhalten. In ihre Erklärung teilte die Politikerin am Mittwoch mit, dass sie die Frist bis Anfang Juni nutzen werde, um ihre Stellungnahme zum Prüfbericht abzugeben. Danach solle das Verfahren abgeschlossen sein.


„Ich stehe weiterhin zu meiner Aussage, dass ich meine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben habe“, erklärte Giffey weiter. „Ich bedauere, wenn mir dabei Fehler unterlaufen sind.“ Sollte die Freie Universität ihr den Doktortitel aberkennen, werde sie diese Entscheidung akzeptieren. „Bereits heute ziehe ich die Konsequenzen aus dem andauernden und belastenden Verfahren. Damit stehe ich zu meinem Wort.“

"Nicht konsequent"


CSU-Generalsekretär Markus Blume hält Giffeys Rücktritt als Familienministerin für unzureichend. Er findet es nicht konsequent, dass sie an ihrer Spitzenkandidatur für die Abgeordnetenhauswahlen in Berlin festhält. Auch die AfD forderte den Verzicht Giffeys auf die Spitzenkandidatur. Berlins SPD-Co-Vorsitzender Raed Saleh stellte sich hingegen hinter die 43-Jährige, die auch SPD-Landesvorsitzende in der deutschen Hauptstadt ist.

Kommentare