Megaprozess: Aufarbeitung der Pariser Terrornacht um Bataclan startet
Frankreich steht mit dem Bataclan-Prozess ab heute das größte Gerichtsverfahren der Geschichte bevor.
08.09.21, 05:00
Aus Paris Simone Weiler
Es ist der bisher größte Prozess in Frankreichs Geschichte. Polizisten und Gendarmen haben sich ab heute, Mittwoch, um den Pariser Justizpalast positioniert, um den Bereich um das historische Gebäude abzusichern. Im Inneren sitzen die Männer auf der Anklagebank, die an den Terroranschlägen des 13. November 2015 in Paris beteiligt waren – als Täter, Organisatoren oder Helfer.
Zumindest jene, die überlebt haben. Sie stellten Waffen, Autos oder Wohnungen zur Verfügung oder galten selbst als Kandidaten für Selbstmordattentate. Achteinhalb Monate wird der Prozess gegen sie dauern. Der geräumige Saal wurde extra zu diesem Anlass gebaut. 550 Menschen kann der Hauptsaal fassen, zugleich wird das Geschehen noch in mehrere weitere Säle übertragen.
6 Jahre nach dem Terror: Bataclan-Überlebende erzählen
Prominente Zeugen
Zum bisher 13. Mal wird ein Prozess in Frankreich für die Staatsarchive gefilmt. Die ersten zwei Tage sind allein dafür reserviert, alle Namen der 1.765 Nebenkläger aufzurufen. Viele von ihnen sind Überlebende der Anschläge oder Hinterbliebene der Opfer. Erst ab Freitag geht es um das eigentliche Tatgeschehen.
140 Verhandlungstage sind angesetzt und die Urteile sollen Ende Mai fallen, mehr als 300 Anwälte sind anwesend. Auch prominente Zeugen wie der ehemalige Präsident François Hollande und Ex-Innenminister Bernard Cazeneuve werden aussagen. Nicht nur die Nebenkläger, von denen rund 300 selbst Zeugenaussagen machen werden, beschäftigt und betrifft der Prozess. Sondern das ganze Land.
130 Menschen starben
Frankreich war schwer getroffen von diesem Freitag, dem 13., an dem insgesamt 130 Menschen ermordet und Hunderte verletzt wurden. Fröhliche Menschen, die eigentlich nur gemeinsam feiern, ausgehen, sich amüsieren wollten. Drei Mord-Kommandos waren an diesem Abend an verschiedenen Orten in Paris unterwegs. Vor dem Fußballstadion Stade de France im Vorort Saint-Denis, wo gerade ein Freundschaftsspiel zwischen Frankreich und Deutschland lief, wurde ein Passant von einem Selbstmordattentäter mit in den Tod gerissen. 39 Gäste auf den Terrassen von Pariser Cafés und Restaurants wurden erschossen. Gleichzeitig richteten drei Attentäter in der Konzerthalle Bataclan ein Blutbad mit 90 Toten an.
Bei den Verantwortlichen handelte es sich um ein von Brüssel aus operierendes Terrornetzwerk von Mitgliedern oder auch Führungsfiguren des selbst ernannten „Islamischen Staates“. Auf ihr Konto gingen auch die Attentate auf den Flughafen und eine U-Bahn-Haltestelle am 22. März 2016 mit 32 Toten.
Kurz zuvor konnte in Brüssel Salah Abdeslam festgenommen werden. Als Einziger des zehnköpfigen Mord-Kommandos von Paris hatte er überlebt, während sich sein Bruder vor einem Café in die Luft sprengte. Nun gehört er, der bisher zu den Vorwürfen schwieg, zu den 20 angeklagten Männern
. Zwölf von ihnen droht eine lebenslange Haftstrafe. Über sechs wird in Abwesenheit gerichtet; von fünf der Angeklagten wird vermutet, dass sie inzwischen in Syrien oder im Irak ums Leben gekommen sind.
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