Nach der Terrornacht: "Los kriegt man das nicht"

Hansjörg Loferer und Medina Rekic spielen heute in der p.m.k in Innsbruck ein Konzert für ihren getöteten Freund
KURIER-Interview: Das Tiroler Rock-Duo "White Miles" hat den Anschlag auf das Bataclan in Paris überlebt.

Hansjörg Loferer und Medina Rekic bauen am Mittwoch ihr Setup im Innsbrucker Club p.m.k auf. Und man merkt, dass sie heiß darauf sind, wieder auf die Bühne zu gehen.

Heute, Donnerstag, wird das Tiroler Rockduo "White Miles" sein erstes Konzert nach dem Terroranschlag im Pariser Bataclan vor einem Monat geben. Als Vorband der "Eagles of Death Metal" (EODM) sind sie dabei dem Attentat entgangen, weil sie nach ihrem Auftritt kurz etwas essen gegangen waren. Die Bilder von Blut, Verletzten und Toten vor der Konzerthalle blieben ihnen nicht erspart.

Im Bataclan verloren 89 Menschen ihr Leben. Unter den vielen Schwerverletzten im Publikum war auch ein 21-jähriger Tiroler und Freund der Band. Er konnte inzwischen das Krankenhaus verlassen. Das heutige Konzert spielen "White Miles" in Gedenken an das britische Crew-Mitglied Nick Alexander, das im Kugelhagel starb.

KURIER: Ihr steht heute das erste Mal seit der Terror-Nacht von Paris wieder auf einer Konzertbühne. Fällt euch das schwer oder ist das etwas, auf das ihr euch freut?

Medina Rekic: Wir freuen uns beide total. Man freut sich aufs Spielen. Man freut sich auf alle Leute, die da sein werden. Es ist ein schöner Gedanke, wieder spielen zu dürfen.

Hansjörg Loferer: Wir warten schon lang.

Ihr spielt im Gedenken an Nick Alexander, euren Merchandiser und Freund, der im Bataclan erschossen wurde. Gibt es eine Botschaft, die ihr damit transportieren wollt?

Rekic: Natürlich. Auf einem Konzert hat man seine Freunde dabei, die Musik lieben. Die Botschaft ist für uns, weiterzumachen und sich nicht abschrecken zu lassen. Mut und Liebe sind dabei gleich auf. Die Liebe zur Musik ist für einige nach so einem Anschlag auch mit Mut verbunden.

Loferer: Wir wollen an diesem Abend eine gute Zeit haben.

Müsst ihr oft daran denken, wie viel Glück ihr hattet, zum Zeitpunkt der Attacke gerade kurz nicht in der Halle gewesen zu sein?

Rekic: Am Anfang ganz oft. Der Gedanke „Wow, hatten wir Glück“ holt mich auch immer wieder ein. Das ist ganz natürlich.

Ihr spielt energetischen und brachialen Rock. Hilft euch die Musik bei der Aufarbeitung des Erlebten?

Rekic: Ja, das was man aus einem Song rausholt, motiviert dich weiterzumachen.

Ihr seid ja bereits wieder im Studio gewesen. Fließen die Geschehnisse von Paris dort ein?

Loferer: Nur in dem Sinn, als der Song damit zu tun hat, den wir aufgenommen haben. Das ist „I love you all the time“, den die Eagles of Deathmetal (EODM), zum Covern freigegeben haben. Damit soll Geld für die Opfer von Paris gesammelt werden. Wir haben das gemeinsam mit der befreundeten Band „Mother's Cake“ gemacht. Das war einfach ein Riesenspaß.

Was war für euch am schwierigsten in der Zeit nach dem Anschlag?

Rekic: Für mich war es, zu zeigen, dass ich glücklich bin. Denn man denkt immer wieder, dass viele kein Glück hatten.

Loferer: Bei mir hat sich der Tod von Nick immer wiederholt. Wir haben ihn kennengelernt. Auf einer Tour wächst man ziemlich schnell zusammen. Wir hatten eine super Zeit mit ihm. Das hat immer wieder in meinem Schädel gekreist. Und ich weiß, dass wir ihn bei diesem Konzert wieder im Kopf und mit auf der Bühne haben werden. Aber im positiven Sinn.

Ihr habt auch außerhalb der Halle Furchtbares gesehen. Holt euch das noch ein?

Rekic: Es kommen immer wieder mal die Bilder und die Gefühle herauf. Aber es ist angenommen. Los kriegt man es nicht. Aber das soll man auch nicht.

Euer Freund Daniel, der in der Halle im Publikum war und angeschossen wurde, hat in der Zwischenzeit das Krankenhaus verlassen können.

Rekic: Das motiviert einen weiter. Wir haben ihn besucht. Es war schön, ihn wiederzusehen.

Nach der Terrornacht: "Los kriegt man das nicht"
Singer of the US rock group Eagles of Death metal Jesse Hughes pays tribute to the victims of the November 13 Paris terrorist attacks at a makeshift memorial in front of the Bataclan concert hall on December 8, 2015 in Paris. The Eagles of Death Metal band returned to the Bataclan concert hall in Paris, nearly a month after they survived a jihadist attack there in which 90 people died. / AFP / MIGUEL MEDINA
Im Februar geht ihr mit EODM, die in Paris auf der Bühne standen, als die Terroristen das Feuer eröffnet haben, wieder auf Tour. Wie wichtig ist es für euch, dass es gemeinsam weitergeht.

Rekic: Es war schön zu erfahren, dass wir das, was wir gemeinsam angefangen haben, gemeinsam fertig bringen können.

Loferer: Und es ist schön, dass diese Nacht in Paris nicht unsere letzte Erinnerung an unsere Tour mit den Eagles ist, sondern dass sie einen anderen Abschluss haben wird.

EODM haben bereits wieder ein Konzert in Paris gegeben. Möchtet Ihr auch wieder irgendwann in diese Stadt für einen Auftritt zurück?

Loferer: Das wird auf der Tour dabei sein. Am 16. Februar spielen wir in Paris im Olympia. Das letzte Mal war nicht schön. Aber dieses Mal werden wir auch nach unserem Auftritt eine gute Zeit haben. Das finde ich wichtig. Und es werden sicher viele Leute, die beim letzten Mal dabei waren, dorthin kommen, um das Ganze positiv zu erleben.

Habt ihr viel Feeback von Leuten bekommen, die im Bataclan waren und da ja noch vor dem Anschlag eure Show gesehen haben.

Rekic: Unglaublich viel. Da sind Leute, die zum Beispiel geschrieben haben, dass sie sich eine CD gekauft haben und sagen: Zum Glück gibt es auch eine schöne Erinnerung an diesen Abend.

Loferer: Es erinnert die Leute auch daran, dass es eine Zeit gegeben hat, in der noch alles Okay war.

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