Dem Veggie-Burger droht der Garaus
Jetzt geht es nicht nur um die Wurst – sondern auch um das Schnitzel, das Steak und den Burger. Kurz gesagt: Um alles, was nahezu wie Fleisch riecht, so aussieht und fast so schmeckt, aber pflanzlichen Ursprungs ist.
Den immer beliebter werdenden vegetarischen Fleischalternativen droht namenstechnisch der Garaus, wenn diese Woche das EU-Parlament über die Reform der europäischen Agrarpolitik und damit auch über die Regeln für Fleisch-Ersatzprodukte abstimmt.
Wie könnte das „vegane Schnitzel“ also künftig heißen? „Veganes Bratenstück“? Oder „Pflanzenfrittiertes nach fleischloser Schnitzelart“?
Selbst letzteres Wortungetüm wird nicht auf Verpackungen zu finden sein: Denn setzen sich im kuriosen Namensstreit die Anti-Veggie-Burger-Kämpfer durch, müssen auch die Zusätze „nach Art von“ und „Nachahmung von“ ersatzlos gestrichen werden. Andernfalls habe es man geradezu mit Etikettenschwindel zu tun, argumentiert die Fleischindustrie.
Verwirrte Verbraucher?
„Ein Steak ist ein Steak und muss ein Steak bleiben“, ärgern sich jene europäischen Abgeordneten, die für eine klare Kennzeichnungspflicht kämpfen. „Vegetarisches Schnitzel, Veggie-Burger – so verschwommene Begriffe, das geht gar nicht“, ärgert sich auch Simone Schmiedtbauer, ÖVP-EU-Abgeordnete. Käufer könnten in die Irre geführt werden und müssten genau wissen, was sie aus dem Kühlfach holen.
Das wiederum bringt ihren grünen EU-Mandatarskollegen Thomas Waitz auf die Palme. Diese ganze Diskussion sei eine krasse Unterschätzung der Konsumenten. Verbraucher wüssten doch ganz genau, was sie kaufen und könnten sehr gut Ersatzprodukte vom tierischen Original unterscheiden. „Das ist doch alles wirklich sehr seltsam“, sagt Biobauer Waitz und brummt sarkastisch: „Wir werden jetzt auch nicht die Milchstraße umbenennen.“
Dabei gilt aber gerade bei Milchprodukten schon seit drei Jahren die Regel: Milch darf nur Milch heißen, „was aus der normalen Eutersekretion von Tieren gewonnen wurde“. So besagt es ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes.
Milch oder Soja-Getränk
Vegetarier in Österreich
Ein Prozent der Österreicher lebt laut einer Gallup-Umfrage vegan. Weitere acht Prozent sind Vegetarier. Die Mehrheit der veganen und vegetarischen Produkte werden aber von Fleischessern gekauft. Warum: Weil sie weniger Fleisch essen wollen – die Flexitarier
Die Fleischesser
Im Vorjahr verzehrte jeder Österreicher im Schnitt 95 Kilogramm Fleisch
Seither dürfen Mandel- Soja- und Reis-Getränke auf ihren Verpackungen nicht mehr „Milch“ genannt werden. Das Gleiche gilt für weiterverarbeitete Produkte wie Butter, Käse, Joghurt, Rahm. „Veggie-Cheese“ – das war einmal.
Die Freunde der Veggie-Burger argumentieren mit dem Klimaschutz: Die Treibhausgase zu senken, sei nur erreichbar, wenn weniger Fleisch gegessen werde, lautet ihr Argument. Und man vermutet hinter dem Vorstoß der Fleischindustrie und deren Unterstützer im EU-Parlament nichts anderes als „Protektionismus“: Denn es geht um einen riesigen Zukunftsmarkt. Der Konsum von Veggie-Produkten wächst in Europa rasant, der Markt verspricht Milliardeneinnahmen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil der Konsum von Rindfleisch in Europa zuletzt gesunken ist.
Lebensmittelgiganten
Wenig überraschend erhalten die Veggie-Fans denn- auch Unterstützung von Lebensmittelriesen wie Nestlé und Unilever. Zusammen mit weiteren Dutzenden Nahrungsmittel-Konzernen protestierten sie in der Vorwoche gegen das Namensverbot für den Veggie-Bürger.
Wie die Schlacht um den Veggie-Burger letztlich ausfallen wird, ist offen, der Ausgang wird knapp. Wirklich von der Speisekarten gestrichen werden könnten Saitanschnitzel, Veggie-Nuggets und Co. aber ohnehin erst, wenn auch die EU-Regierungen dem zustimmten.
Zunächst aber geht es in Brüssel auch noch ums große Ganze – die gesamte Reform der europäischen Agrarpolitik (GAP). Diese Woche wollen EU-Agrarminister und EU-Parlament ihre Linien abstecken und verfolgen dabei ein gemeinsames Ziel: Die europäische Landwirtschaft muss insgesamt grüner werden.
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