Japan: Crash-Kurs in Kaiser-Huldigung

Japanische Hofdamen und ein Mann mit Frack unter Regenschirmen.
Thronfolge im japanischen Kaiserhaus. Ein Lokalaugenschein aus nächster Nähe.

Der Kaiser soll von der Sonnengöttin abstammen? Also zumindest das Wetter straft die Legende Lügen: Es regnet wie aus Schaffeln. Gott sei Dank habe ich mir im Supermarkt noch schnell eine Regenpellerine gekauft. Es ist neun Uhr morgens. Anstellen, Security-Check, Presseraum. Stundenlanges Warten. Im Kaiserpalast dürfen nur Schuhe mit Ledersohle getragen werden, und Achtung, es gibt dort keine Möglichkeit mehr, eine Toilette aufzusuchen. Wir trinken also wenig. Massenhaft Guides. Alle unglaublich höflich, freundlich, professionell, kein lautes Wort, angenehme  japanische Umgangsformen.

Mehrere Polizeifahrzeuge und Busse stehen vor der Skyline von Tokio.

Eine lächelnde Frau mit Regenmantel und Regenschirm steht auf einer Straße in Tokio.

Eine Aufstellung von schwarzen Limousinen und japanischen Polizeiautos auf einem Parkplatz.

In einem langen Flur gehen Personen an Tischen mit weißen Tüchern und Regalen mit Holzkisten vorbei.

Eine große Gruppe von Menschen sitzt in einem Saal und schaut auf eine Leinwand.

In einem Pressezentrum sitzen Journalisten an Tischen mit Kameras und Laptops.

Ein Schild mit der Aufschrift „Board of the Ceremonies“ hängt an einer Wand.

Eine junge Diplomatin holt uns ab. Wir gehen durch endlose Gänge des kaiserlichen Verwaltungsgebäudes, sogar durch die Küche. Eine ansehnliche Sammlung an Chateaus steht da übrigens…. Dann endlich im Kaiserpalast. Ich darf bei den Beamten sitzen. Keine Fotos erlaubt, ich kann es dennoch heimlich nicht lassen. Direkt auf den Kaiser sehen wir leider nicht, das Gebäude im vierkantigen Hof liegt schräg in unserem Blick.

Gong und Trommelschlag

Direkt gegenüber sitzen die prominenten Staatsgäste. Der schwedische König ist zu sehen und Prinz Charles. Angeblich hat er vorher ein braunes Einkaufssackerl abgegeben, behauptet ein Kollege. Im Hof hätte bei Schönwetter eine prächtige Schau mit Bogen- und Schwertträgern stattgefunden (die wir später noch im Gang treffen werden), jetzt wehen hier nur viele bunte Fahnen. Schade! Insgesamt 2000 Besucher sollen da sein. Wir konzentrieren uns also auf den Screen und werden noch davor in die höfischen Verhaltensregeln eingeweiht, aber gleichzeitig aufgeklärt, dass wir sie (als Westler) nicht befolgen müssen: Aufstehen beim Gong, Setzen beim Trommelschlag.

Journalisten verfolgen die Thronbesteigungszeremonie des Kaisers auf mehreren Monitoren.

Dann wird’s ernst, die nur halbstündige Zeremonie beginnt um 13.00 Uhr japanischer Zeit. Bis auf kurze Reden findet sie in absoluter Stille statt. Gott sei Dank war ich kürzlich in einem Noh-Theater nach einem Ritus aus dem 15. Jahrhundert. Das hier ist sehr ähnlich: unglaublich langsame Bewegungen, uralte Tracht. In welchem Trainingscamp haben die Frauen gelernt, in diesen umständlichen Schuhen, verpackt noch dazu in Stoffbahnen, zu gehen? Ein Kimono aus 12 Lagen! Ich würde sofort auf der Nase liegen. Die kaiserliche Familie geht und steht mit versteinertem Lächeln.

Der japanische Kaiser Naruhito während einer Thronbesteigungszeremonie.

Am lockersten wirkt der neue Tenno Naruhito. Er und seine Frau sitzen nun am Thron, die Vorhänge werden zur Seite gezogen. Gong: Aufstehen! Der Kaiser spricht, danach der Ministerpräsident Shinzo Abe. Nach dem Ende der Rede lässt er den Kaiser mit einem dreimaligen „Banzai“ (Zehntausende Jahre) hochleben. Alle reißen dazu dreimal die Arme hoch und jubeln angemessen. Ich übrigens auch (so wie alle im Saal). Geschieht ja nicht alle Tage, dass man einer Kaiserkrönung beiwohnt. Mittlerweile hat sogar der heftige Regen nachgelassen. Vielleicht ist ja doch die Sonnengöttin im Spiel.

Kommentare