Corona international: Wer sperrt auf – und wer sperrt zu?
In vielen Ländern in Europa wird derzeit über die vierte Corona-Welle und mögliche neue Einschränkungen diskutiert. In anderen Ländern wurde die Pandemie hingegen – wenn auch nur vorübergehend – für beendet erklärt und Beschränkungen gelockert. Österreich gehört aktuell zu Letzteren: Am Mittwoch traten neue Maßnahmen in Kraft. So darf man wieder nur mehr mit FFP2-Maske in den Supermarkt.
Der entscheidende Punkt ist bei den meisten Ländern der Impffortschritt. Ein Überblick, wer wo aufsperrt, und wo man verschärft.
Wer öffnet..
Dänemark hat am 10. September alle Einschränkungen des öffentlichen Lebens abgeschafft und damit die Pandemie für beendet erklärt. "Die Regierung hat versprochen, die Restriktionen nicht länger als notwendig aufrechtzuerhalten. An diesem Punkt sind wir jetzt angelangt", sagte Gesundheitsminister Magnus Heunicke.
Die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln wurde schon Mitte August abgeschafft. Schon seit dem 1. September brauchen die Dänen in Restaurants, Cafés, Bars, Sportstudios und bei Friseuren keinen Corona-Pass mehr. Jetzt muss er auch nicht mehr für den Besuch von Nachtclubs, Diskotheken und Großveranstaltungen vorgelegt werden.
Aktuell sind 74,3 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft.
Schweden, das sich während der gesamten Pandemie nie im Lockdown befunden hat, will mit 29. September die meisten Einschränkungen wieder aufheben. "Wir schauen nicht nur auf die Infektionszahlen. Wichtig sind die Intensivbetten, und da sind nur 15 bis 20 Prozent mit Corona-Patienten belegt", sagte Chef-Epidemiologe Anders Tegnell im KURIER-Interview.
Die Über-16-Jährigen sind zu fast 90 Prozent geimpft: "Da können wir auch für große Events oder Restaurants die Maßnahmen aufheben." 60,8 Prozent der Bevölkerung sind vollständig geimpft.
In Finnland möchte man im Oktober nachziehen. Dafür hat die Regierung Anfang September den Aktionsplan überarbeitet. Ziel sei es, "die Gesellschaft wieder zu öffnen und offen zu halten", heißt es dort. Die Einschränkungen sollen schrittweise abgebaut werden, wenn mindestens 80 Prozent der Personen über 12 Jahren zweimal geimpft wurden – oder ihnen die Möglichkeit zur zweimaligen Impfung angeboten wurde. Zur Zeit sind 57,6 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft.
Portugal hat im August bedeutende Lockerungen der geltenden Corona-Auflagen beschlossen. Da aktuell rund 80 Prozent der Bevölkerung komplett geimpft sind, kann man schneller zur Normalität zurückkehren als ursprünglich vorgesehen, hieß es bei der Regierung.
In Restaurants und Bars sind Gruppen von bis zu acht Menschen im Inneren und 15 Menschen in der Außengastronomie erlaubt. Am Wochenende sowie zum Einchecken in Hotels ist jedoch weiterhin ein Impf-, Genesenen- oder Testnachweis nötig.
Auch die Maskenpflicht im Freien wurde nun abgeschafft – 318 Tage nach deren Einführung im November des Vorjahres.
In Spanien sind Lockerungen nicht nur merkbar, sondern auch sichtbar. Die Maskenpflicht im Freien ist mittlerweile abgeschafft. Die Impfquote unter Erwachsenen liegt nur knapp unter 80 Prozent, weshalb die Regierung demnächst weitere Öffnungen ankündigen will.
Auf Mallorca nimmt das Nachtleben langsam wieder Fahrt auf: Das nächtliche Versammlungsverbot wurde aufgehoben. Die Tanzflächen in Bars, Diskotheken und Clubs sind aber weiter geschlossen. In den Lokalen wird darauf geachtet, dass die Gäste sitzen bleiben und sich an die Vorschriften halten.
In Belgien fielen am 1. September die Beschränkungen für Restaurants, private Feiern und kulturelle Veranstaltungen weg. Ausgenommen davon war zunächst die Hauptstadt Brüssel.
Für Bars und Restaurants entfällt die bisher geltende Sperrstunde um 01.00 Uhr. Auch größere Veranstaltungen mit bis zu 200 Teilnehmern in Innenräumen sind wieder weitgehend unbeschränkt möglich. Die Vorgaben für das Tragen von Mundmasken in öffentlichen Räumen wurden gelockert. 72,3 Prozent sind aktuell vollständig geimpft.
In Irland sollen am 22. Oktober fast alle verbleibenden Corona-Maßnahmen aufgehoben werden. Voraussetzung ist, dass bis dahin 90 Prozent der Erwachsenen vollständig gegen das Virus geimpft sind und die Zahl der Neuinfektionen stabil bleibt. In Irland sind derzeit 72,5 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft.
Die Maskenpflicht in Gesundheitseinrichtungen sowie in Geschäften und im öffentlichen Nahverkehr bleibt aber bis auf Weiteres bestehen.
Bereits seit 6. September sind mehr Teilnehmer bei Veranstaltungen erlaubt. Bei religiösen Zeremonien können dann bis zu 50 Prozent der Plätze besetzt werden. Sind alle geimpft, ist im Freien eine Kapazität von 75 Prozent und in geschlossenen Räumen von 60 Prozent erlaubt.
In Ungarn ist die Maskenpflicht fast überall gefallen: Sie gilt nur noch in Krankenhäusern und Altenheimen. Experten warnen jedoch vor einer vierten Welle. 56,9 Prozent sind aktuell vollständig geimpft.
...und wer schließt?
Anders aber die Situation in Norwegen: Wegen der steigenden Corona-Zahlen will sich die Regierung zunächst nicht auf ein Ende der Pandemie-Beschränkungen festlegen und hat die bereits geplanten Öffnungen bereits mehrmals verschoben.
Ein Grund dafür ist die deutlich schlechtere Impfrate im Vergleich mit den Nachbarländern: 65,4 Prozent der Bevölkerung sind vollständig geimpft. Regierungschefin Erna Solberg will aber erst zum "normalen Leben" zurückkehren, wenn etwa 90 Prozent der Erwachsenen geimpft seien.
Italien hat die Corona-Regeln am 22. Juli angesichts steigender Infektionszahlen verschärft. Seit dem 6. August gilt die 3G-Regel für Restaurantbesuche im Innenbereich, in Museen, Fitnessstudios und Schwimmbädern. Die Regel soll jetzt auf Beschäftigte des öffentlichen und privaten Sektors ausgeweitet werden.
Der Notstand wurde bis zum 31. Dezember verlängert. Auch in Italien werden künftig statt der Inzidenz die Auslastung der Spitalbetten auf den Covid-19-Stationen sowie auf den Intensivstationen die entscheidenden Parameter sein. Italien hatte im Mai eine Impfpflicht für das Gesundheitspersonal eingeführt, das kürzlich auf Mitarbeiter von Seniorenheimen ausgedehnt wurde. Zur Zeit sind 64,8 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft.
In Deutschland gilt seit 10. August die 3G-Regel, die geimpften, getesteten oder genesenen Personen weitgehend Zugangsrechte zurückgab. Nach größeren weiteren Lockerungen sieht es aber momentan nicht aus, das Robert-Koch-Institut warnt heftig vor einer vierten Welle, sollte die Durchimpfungsrate nicht gesteigert werden. 62,8 Prozent der Bevölkerung gelten als vollständig geimpft.
Ende Juni ist die "Bundesnotbremse" ausgelaufen, die besagte, dass zwingend und einheitlich ab einem Infektions-Inzidenzwert von 100 in einem Stadt- oder Landkreis Maßnahmen eingeführt werden. Mittlerweile entscheidet wieder jedes Bundesland über die Regeln und Einschränkungen auf Grundlage der Hospitalisierungs-Inzidenz.
Wegen der Ausbreitung der Delta-Variante wurden in Frankreich im Juli zusätzliche Einschränkungen verhängt. Etwa die Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegepersonal bis zum 15. September. Auch Feuerwehrleute, Beschäftigte des Zivilschutzes sowie die Beamten der Gendarmerie müssen geimpft sein. 63,9 Prozent gelten als vollständig geimpft.
Für Kultur- und Freizeitveranstaltungen ab 50 Personen, für Restaurants, Einkaufszentren, und Langstrecken in öffentlichen Verkehrsmitteln wird demnächst ein Gesundheitspass benötigt. Hinzu kommt, dass Coronatests ab Oktober kostenpflichtig werden könnten. Die Maßnahmen gelten zwar indirekt als Antwort auf steigende Infektionszahlen, vielmehr werden sie – wie in vielen anderen Ländern auch – als Aufforderung gesehen, sich impfen zu lassen. Das sorgt seit Wochen für Proteste auf den Straßen.
In Griechenland gelten seit Montag neue Maßnahmen: Nichtgeimpfte müssen sich einmal pro Woche einem Corona-Schnell-Test unterziehen; die Kosten in Höhe von zehn Euro müssen von ihnen selbst übernommen werden. Berufstätige in den Bereichen Bildung, Gastronomie und Tourismus müssen sich auf Eigenkosten sogar zweimal in der Woche auf Covid-19 testen lassen.
Zutritt zu geschlossenen Gaststättenräumen oder Cafés haben nur mehr geimpfte oder genesene Bürger, die in den vergangenen sechs Monaten an Corona erkrankt waren. Das gleiche gilt für den Besuch von Fußball- oder Basketballspielen. Zur Zeit sind 54,9 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft.
Die Regierung hatte im Juli eine Impfpflicht für Angestellte von Pflege- und Altenheimen ab 16. August eingefügt, für alle anderen im Bereich Gesundheit Beschäftigten gilt dies seit 1. September. Der Arbeitgeber darf den Impfstatus seiner Mitarbeiter erfragen.
Mit dem 1. September entfielen für Schwimmbäder, Sportstadien, Konzertsäle, Theater, Museen und Zoologische Gärten in Tschechien die bisherigen Kapazitätsgrenzen. Voraussetzung ist, dass alle Besucher geimpft, getestet oder genesen sind. In Restaurants dürfen dann sechs statt wie bisher vier Leute an einem Tisch sitzen. 55,1 Prozent der Bevölkerung gelten als vollständig geimpft.
In Bosnien-Herzegowina gilt im ganzen Land immer noch der Notstand. Patienten in Krankenhäusern dürfen nicht besucht werden. Die Beschränkungen bei öffentlichen Versammlungen gelten weiterhin.
Abgesehen davon geht das Leben aber weiter, als gäbe es die Pandemie nicht. Nach dem ersten, strengen Lockdown gab es keine weiteren Schließungen, weil für Wirtschaftshilfen einfach das Geld fehlt. Die Rückkehr zur Normalität ist in Sicht. Unternehmen, die es sich leisten können, haben aber vermehrt auf Homeoffice umgestellt. Nur 12,9 Prozent der Bevölkerung gelten als vollständig geimpft.
In einigen Ländern ist die Impfbereitschaft sehr gering, vor allem im Osten Europas: In Bulgarien wollen sich laut einer Befragung überhaupt nur 33 Prozent der Bevölkerung impfen lassen.
In Russland hält die Impfquote auch nicht Schritt, zur Zeit sind dort 27,8 Prozent der Bevölkerung geimpft. Die Skepsis bei den Leuten ist groß, obwohl dort bereits Mitte August 2020 der weltweit erste Corona-Impfstoff zugelassen wurde: Sputnik V. Die Ansteckungsraten mit der Delta-Variante schießen in die Höhe. Angesichts der Situation hat die Hauptstadt Moskau die Corona-Einschränkungen wieder verschärft.
Alle Daten stammen aus folgender Quelle: Our World in Data
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