CO2-Sünder aus Drittstaaten müssen jetzt bei der Einfuhr Federn lassen

 Auch Produzenten im EU-Ausland müssen künftig beim Import für ihrenTreibhausgasausstoß zahlen
Die EU einigt sich auf die weltweit erste Abgabe auf kohlenstoffintensive Produkte. Das bedeutet auch Schutz für die heimische Industrie

Mit Zement, Eisen und Stahl, Aluminium, Düngemittel, Strom und Wasserstoff soll es beginnen: Ab kommenden Oktober müssen Produzenten aus Drittstaaten dieser Güter an der EU-Außengrenze eine Abgabe leisten, wenn sie bei der Produktion mehr Treibhausgase ausgestoßen haben als die vergleichbaren Produzenten in Europa.

Auf diese Abgabe mit dem sperrigen Namen CO2-Grenzausgleichmechanismus („Carbon Border Adjustment Mechanism“, CBAM) haben sich Dienstag Nacht die Vertreter des EU-Parlaments und der EU-Regierungen in Brüssel geeinigt.Diese mit großen Mühen erzielte Einigung soll zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die europäische Industrie mit ihren hohen Umweltauflagen soll vor dem Import billigerer Güter geschützt werden, zumal letztere unter weniger strengen Bedingungen hergestellt werden konnten.

„Das Gesetz wird Anreize für Nicht-EU-Länder schaffen, ihre Klimaambitionen zu erhöhen“, heißt es in einer Erklärung des EU-Parlaments. „Nur Länder mit den gleichen Klimaambitionen wie die EU werden in die EU exportieren können, ohne CO2-Grenzausgleichszertifikate zu kaufen.“

Außerdem soll so das sogenannte „Carbon Leakage“ verhindert werden – die Verlagerung von Treibhausgas-verursachenden Industrien – wie etwa die Stahlindustrie – in Länder außerhalb der Europäischen Union.

Zertifikate

Wie soll es konkret funktionieren? Importeure müssen künftig für die Einfuhr von bestimmten Produkten Verschmutzungszertifikate kaufen. Diese sollen dem CO2-Preis entsprechen, der gezahlt worden wäre, wenn die Waren nach EU-Regeln hergestellt worden wären. Nur wenn ein Nicht-EU-Produzent nachweisen kann, dass er bereits für das bei der Herstellung entstandene CO2 bezahlt hat, kann er sich die entsprechende Abgabe voll anrechnen lassen.

Das soll zu vergleichbaren Kosten für Importgüter und in der EU produzierte Produkte führen. EU-Hersteller müssen nämlich durch das Emissionshandelssystem (ETS) bereits für den Ausstoß klimaschädlicher Gase wie CO2 über Zertifikate bezahlen.

Emissionshandel

Was zur nächsten Hürde führt: Weniger klimaschädlich erzeugter Stahl aus Europa ist wesentlich teurer als jener aus China, wo es weniger Umweltauflagen gibt, und hat damit auf dem Weltmarkt erhebliche Nachteile. Deswegen muss nun auch noch der europäische Emissionshandel reformiert werden, ehe der neue CO2-Grenzausgleichsmechaanismus (CBAM) umgesetzt werden kann. Die Verhandlungen von EU-Parlament und EU-Regierungen dafür sind für das Wochenende angesetzt. Umstritten ist dabei vor allem, wie lange europäische Industriebetriebe noch Gratis-Zertifikate für den Emissionshandel nützen dürfen.

Beide Gesetzesvorhaben sind Teil des sogenannten „Green Deals“ der EU. Dieser bedeutet die langfristige Umstellung der europäischen Wirtschaft hin zum Ausstoß von weniger Treibhausgasen.

Bis zum Jahr 2030 sollen demnach die klimaschädlichen Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent gesenkt werden. Und bis 2050 will Europa klimaneutral sein.

Kommentare