Wie die Washington Post berichtet, soll der ehemalige Außenminister inzwischen als einfacher Angestellter in einem kleinen Pekinger Verlagshaus tätig sein. Das sollen zwei in China lebende US-Diplomaten, die in dem Bericht nicht namentlich zitiert werden, der Zeitung unabhängig voneinander bestätigt haben.
Der Verlag mit den Namen "World Affairs Press" gehört zum chinesischen Außenministerium und druckt vor allem Biographien und Memoiren chinesischer Politiker, die in einem kleinen Buchladen im Zentrum Pekings verkauft werden. Dort soll Qin Gang seit April diesen Jahres angestellt sein.
Das sei ein Zeichen dafür, "dass er vom Haken ist", wird einer der US-Diplomaten in dem Bericht zitiert. "Er wird nicht ins Gefängnis gehen, aber seine Karriere ist vorbei."
Stürzte Qin Gang über eine Affäre mit einer Hongkonger TV-Journalistin?
Immer wieder hatte es seit seinem Verschwinden Anzeichen dafür gegeben, dass Qin Gang noch eine Rolle zu spielen hatte. Erst im Juli gab die kommunistische Partei bekannt, dass etliche Mitglieder aus dem Zentralkomitee ausgeschlossen wurden. Doch in dem dazugehörigen Dokument hieß es, Qin habe seine Funktion lediglich "niedergelegt".
Zudem wurde Qin Gang darin weiterhin als "Genosse" bezeichnet - ein Hinweis darauf, dass die Partei zumindest formell versucht, sein Gesicht in der Öffentlichkeit zu wahren. Schließlich war er über Jahre von Xi Jinping gefördert worden, ein härteres Vorgehen hätte also möglicherweise schlecht auf den Präsidenten zurückfallen können.
Außerdem ist das Vergehen, das Qin Gang vorgeworfen werden dürfte, vergleichsweise unspektakulär: Bis heute hält sich die Theorie, Qin habe als Botschafter in den USA ein außereheliches Kind mit der bekannten Hongkonger TV-Moderatorin Fu Xiaotian gezeugt. Auch sie ist seit Juni 2023 aus der Öffentlichkeit verschwunden.
Die Affäre an sich hätte wohl nicht für den Fall eines so mächtigen Politikers gereicht, doch Fu Xiaotian befeuerte die Gerüchte mit vielsagenden Beiträgen in den sozialen Medien. Außerdem soll sie, so berichteten britische Medien, den britischen Auslandsgeheimdienst MI6 mit Informationen beliefert haben.
Qing Gang wurde deutlich milder bestraft als Ex-Verteidigungsminister Li Shangfu
Damit steht Qins Schicksal in starkem Kontrast zum ehemaligen chinesischen Verteidigungsminister Li Shangfu, der ebenfalls im Vorjahr aus der Öffentlichkeit verschwunden war. Li wurde seither nicht nur aus der Partei ausgeschlossen, gegen ihn wird auch wegen Korruption ermittelt. Er sitzt wohl im Gefängnis - wenn er noch lebt.
Li soll für einen Skandal verantwortlich gemacht worden sein, der sich im chinesischen Militär unter seiner Amtszeit zutrug: Aus dem Raketenkommando, einer der strategisch wichtigsten Abteilungen der Volksbefreiungsarmee, sollen Strategien für einen möglichen Angriff auf die Insel Taiwan an das US-Militär übermittelt worden sein.
Präsident Xi ließ daraufhin nicht nur Li Shangfu, sondern auch dessen Stellvertreter und mehrere Generäle verhaften.
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