CDU im Griff des Virus: Noch keine neue Führung, aber ein Rivale mehr
Im Terminkalender der CDU-Webseite ist er noch drinnen: der 33. Parteitag. Doch die Berliner Messehalle bleibt an diesem Samstag leer. Die Wahl des neuen Vorsitzenden der CDU – und vielleicht Kanzlerkandidaten für die nächste reguläre Wahl 2021 – ist wegen der Pandemie abgesagt worden. Annegret Kramp-Karrenbauer führt die Partei zwar noch, setzt aber keine Akzente. Kanzlerin Angela Merkel hat die Coronakrise zur Chefinnensache gemacht – mahnt die Menschen wöchentlich vor der blauen Wand im Kanzleramt.
Neben ihr sind noch zwei Ministerpräsidenten dauerpräsent: Armin Laschet aus Nordrhein-Westfalen und Markus Söder, Landeschef in Bayern und CSU-Vorsitzender.
Duell der Krisenmanager
Beide sind verantwortlich für Länder, die wirtschaftstark und von Corona besonders betroffen sind. Sie liefern sich seit Wochen ein Duell. Zuerst preschte der Bayer mit strengen Maßnahmen vor, was dem Nordrhein-Westfalen gar nicht passte. Wochen später trieb Laschet eine Debatte über Lockerungen an (sein Land ist wieder über dem Berg), Söder warnte darauf vor einem „Überbietungswettbewerb“.
Sicher geht es beiden dabei auch um die Sache. Aber nicht nur: Wie sie sich als Krisenmanager machen, bewertet am Ende das Wahlvolk. Und Laschet will sich dazu von seinen Parteikollegen zum CDU-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten wählen lassen, auch wenn er derzeit so tut, als wäre ihm das egal. Söder, der nicht CDU-Chef werden kann, aber als Vorsitzender der Schwesterpartei beim Kanzlerkandidaten Mitsprache hat, winkt ebenso ab, wenn es um seine Ambitionen geht („Mein Platz ist in Bayern“).
Da er dort laut Bayerntrend auf 94 Prozent Zustimmung kommt, rief die Süddeutsche Zeitung schon einen neuen Erreger aus: Das Söder-Virus, das selbst Menschen ohne Vorerkrankungen (CSU-Mitgliedschaft) befällt. Das Meinungsforschungsinstitut YouGov sieht ihn von den möglichen Kanzlerkandidaten der Union derzeit vor Friedrich Merz und Armin Laschet.
Merz will dranbleiben
Der als Favorit gehandelte Merz ist gar von der Bildfläche verschwunden. Nicht nur dass er an Corona erkrankt war, er hat wie Mit-Bewerber Norbert Röttgen kein exekutives Amt inne, das ihn sichtbar macht.
Dennoch signalisierte der Ex-Fraktionschef im Video-Gespräch mit Auslandsjournalisten, dass er dranbleibe: Der Genesene („leichte bis mittlere Grippesymptome“) arbeite derzeit von seinem Büro im Sauerland aus, stehe fast täglich mit vielen Abgeordneten in Kontakt und lasse sich über die wichtigen Vorgänge in Berlin informieren. Zudem lese er viel und bereite sich auf die wirtschaftspolitischen Themen vor, die er kommen sieht.
Seine Prophezeiung: Die Folgen von Corona werden Deutschland wirtschaftlich vor große Herausforderungen stellen. Er spricht von Arbeitslosigkeit, Insolvenzen. Der Blick müsse aber auch mehr auf der EU liegen, das passiere zu wenig, findet er und man ahnt, was er sich zum Thema machen wird: „Wir müssen ein Interesse daran haben, dass die EU und die Währungsunion die Krise überleben und mithelfen, dass alle aus der Krise kommen“, sagt Merz, der die EU finanziell besser aufstellen will und Eurobonds ablehnt.
Ob er es noch von der Seitenlinie in die CDU-Zentrale und ins Kanzleramt schafft? Oder es nur für einen Chefsessel reicht (im Adenauer-Haus) und auf dem anderen (Kanzleramt) erstmals ein Mann aus Bayern Platz nimmt – nachdem Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber daran scheiterten. Wer weiß. Hätte doch vor Monaten niemand daran gedacht, dass ein Virus das Leben aller durcheinanderbringt.
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