EU-Budget: "Die Einigung ist geschafft"

epa03572828 European Council President Herman Van Rompuy attends a European Council meeting at the European Council headquarters in Brussels, Belgium, 07 February 2013. EU heads of States gather for a two-day summit starting on 7 February with the main purpose to agree on the next Multiannual Financial Framework (MFF). EPA/THIERRY ROGE
Nach Marathon-Verhandlungen einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf einen Sparhaushalt für 2014 bis 2020. Österreich kämpfte um seine Ziele.

Nach knapp 26 Stunden Dauerverhandlungen war es so weit: „Die Einigung ist geschafft, wir haben einen Deal“, sagte ein völlig übermüdeter Ratspräsident Herman Van Rompuy.

Espresso

Beispiellos waren diese Budgetverhandlungen. Manche Regierungschefs hatten nicht einmal Zeit, kurz ins Hotel zu fahren, um sich frisch zu machen. Um durchzuhalten wurde Espresso literweise konsumiert, ebenso Energy-Drinks. Die Gemüter waren gereizt. So mancher Spitzendiplomat machte die Briten dafür verantwortlich, von einer Erpressung war die Rede. Cameron verfolgte nur ein Ziel, das mehrjährige Budget zu senken.

Mindestens zwei Mal telefonierte Bundeskanzler Werner Faymann in der Nacht von Donnerstag auf Freitag mit Vizekanzler Michael Spindelegger, um ihn über den Stand der Dinge zu informieren.

Bis zuletzt pokerten Frankreich und Italien um zusätzliche Gelder für die Landwirtschaft. Ministerpräsident Mario Monti musste im Wahlkampf mit diesem Geschenk nach Rom zurückkehren.

Summen wurden hin und her geschoben, Ausgaben für Infrastrukturnetze um rund drei Milliarden gekürzt, nicht betroffen davon sind die österreichischen Bahn- und Tunnelprojekte.

Gefragt waren schnelle Rechner und Zahlen-Akrobaten. Wenn die einen etwas bekommen, senkt sich der Betrag für andere.

Eine wahre Rabattschlacht gab es um die Begünstigungen. Der Briten-Rabatt mit seinem Ewigkeitsstatus wird auch weiterhin von den anderen 26 Mitgliedern finanziert. Jährlich macht er rund 4,5 Milliarden Euro aus. Deutschland, Österreich, Schweden, die Niederlande und erstmals Dänemark erhalten auf ihren Beitrag zum Briten-Rabatt einen Nachlass. Zudem gibt es für drei dieser Staaten – außer Österreich – eine Ermäßigung beim Mehrwertsteueranteil, den sie nach Brüssel überweisen. Der Rabatt für Österreich wird sich künftig auf rund 95 Millionen Euro belaufen (2012: 187 Millionen Euro). Als Kompensation zum Wegfall des Mehrwertsteuer-Anteils bekommt Österreich 60 Millionen auf drei Jahre zugesprochen.

Einen kleinen Erfolg konnten jene erzielen, die eine Reduktion der Verwaltungsausgaben inklusive EU-Beamtengehälter und Pensionen verlangten: Gehälter und Renten werden zwei Jahre lang eingefroren; der Verwaltungs-Topf wird um fünf statt sechs Milliarden erhöht.

EU-Budget: "Die Einigung ist geschafft"
Mehrmals wurden die Sitzungen unterbrochen, zu groß waren die Differenzen zwischen Nehmern und Gebern. Der einzige Regierungschef, der strahlte, war David Cameron. „Endlich ein Budget, das keine Erhöhung darstellt, sonder von Sparwillen geprägt ist“, hieß es in der britischen Delegation. Zu Hause auf der Insel jubeln die Medien.

Juncker-Appell

Händeringend ersuchte Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker seine Kollegen, „nach außen deutlich zu machen, dass wir in Europa in der Lage sind, Beschlüsse zu fassen“.

Als Drohung stand ständig das Veto des Europäischen Parlaments im Raum. Zur Budgeteinigung, die im Kreise der Staats- und Regierungschefs einstimmig angenommen werden muss, braucht es noch den Sanktus der Europa-Abgeordneten. Für Parlamentspräsident Martin Schulz seien 908,4 Milliarden zu wenig für die Zukunftsaufgaben der EU, außerdem sei der Haushalt nicht ausgewogen. Um die Zustimmung der europäischen Volksvertreter zu bekommen, wurde ihnen ein Zuckerl geboten, die sogenannte Flexibilität im Haushalt. Das heißt, Mittel, die nicht ausgegeben werden, fließen nicht zurück in die Mitgliedsländer, sondern werden für dringende EU-Projekte eingesetzt.

Beruhigt wurden die Kritiker des Haushalts durch einen Sechs-Milliarden-Fonds für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.

Als erster Politiker in Wien reagierte Staatssekretär Reinhold Lopatka. Gegenüber dem KURIER bewertete er das Verhandlungsergebnis für Österreich als „akzeptabel, weil wir in der Kernforderung substanziell etwas erreicht worden ist“. Negativ sei allerdings, dass „Dänemark und Schweden beim Rabatt besser ausgestiegen sind“.

In absoluten Zahlen wird Österreichs Nettobeitrag steigen: von zuletzt rund 800 Millionen Euro pro Jahr auf rund eine Milliarde. Misst man den Nettotransfer an der Wirtschaftsleistung, sinkt der Beitrag: 0,31 Prozent vom BIP soll er 2014–2020 betragen. Für die Periode 2007–2014 wurden 0,33 Prozent 2006 verhandelt. Das Minus erklärt sich mit dem kleineren Gesamt-Budget. Weil Österreich Weltmeister beim Abholen von Förderungen aus Brüssel ist, sinkt der tatsächliche Beitrag. Für 2006–2014 liegt er bei 0,24 Prozent des BIP.

Bundeskanzler Faymann hatte zwei Prioritäten: Deutliche Kürzungen bei der ländlichen Entwicklung zu verhindern – und den Beitragsrabatt zu behalten.

Gutes Gesamtpaket

EU-Budget: "Die Einigung ist geschafft"
Ersteres ist gelungen: Es gibt zwar eine Reduktion von 4,1 auf 3,5 Milliarden; im November war eine Kürzung auf 2,9 Milliarden geplant. Österreich hat 700 Millionen Euro extra für die „Ländliche Entwicklung“ zugestanden bekommen. Weil mehr Länder als geplant vom Topf „Ländliche Entwicklung“ profitieren, verliert Österreich noch 80 Millionen auf sieben Jahre. Das wird durch eine Sonderzahlung von 60 Millionen ausgeglichen.

Dass neben dem Erfolg für Förderungen des ländlichen Raumes auch der ganze Rabatt erhalten bleibt, war nicht zu erwarten, es bleibt der Rabatt auf den Briten-Rabatt (alle Länder müssen das, was sich die Briten sparen, ausgleichen – Österreich zahlt 25 % seines Anteils). Der Nachlass auf den Mehrwertsteuer-Anteil, der nach Brüssel geht, läuft Ende 2013 aus. Es bleiben rund 95 statt bisher 180 Millionen Rabatt pro Jahr.

Dass andere Länder beide Rabatt-Teile leicht angepasst behalten, liegt am Nettobeitrag: Deutschland (0,38 Prozent vom BIP), Schweden (0,35) und die Niederlande (0,37) haben höhere Anteile als Österreich (0,31). Dänemark zahlt nur 0,29 Prozent des BIP, hat aber pro Kopf den größten Anteil – das rechtfertigt den neuen Rabatt von 130 Millionen pro Jahr.

Was ist der Unterschied zwischen Verpflichtungen und Zahlungen?

Das EU-Budget weist zwei Größen aus: Verpflichtungen stehen für die Gesamtsumme von Finanzierungs-Zusagen, Zahlungen für die Summe der tatsächlich in dieser Periode zu begleichenden Rechnungen. Die Zahlungen liegen immer unter den Verpflichtungen. Für die Jahre 2014–2020 hat man sich auf 960 Milliarden Verpflichtungen und 908 Milliarden Zahlungen geeinigt.

Wer zahlt am meisten ins EU-Budget ein und wer bekommt am meisten heraus?

In absoluten Zahlen ist Deutschland der größte Nettozahler: 2011 hat es neun Milliarden Euro mehr nach Brüssel überwiesen, als es an Förderungen zurück bekommen hat. Es folgten Frankreich (6,4 Mrd.), Italien (5,9) und Großbritannien (5,6). Österreich hat 2011 805 Millionen netto eingezahlt; dieser Betrag dürfte für 2014-2020 auf rund eine Milliarde Euro pro Jahr steigen. Größter Netto-Empfänger ist Polen (2011: elf Milliarden).

Wie kann man die Netto-Beiträge untereinander vergleichen?

Der Nettobeitrag wird mit der Wirtschaftsleistung des jeweiligen Landes verglichen. Hier ist wieder Deutschland der größte Nettozahler; für 2014 bis 2020 sind 0,38 Prozent des BIP prognostiziert. Dahinter die Niederlande (0,35) und Schweden (0,35). Für Österreich wird ein Nettobeitrag von 0,31 Prozent des BIP prognostiziert. Erfahrungsgemäß liegt der tatsächliche Wert darunter. Für 2006-2013 waren 0,33 Prozent vorhergesagt, es wurden 0,24 Prozent.

Was sind die größten Brocken im EU-Budget?

Die Agrar-Subventionen sind mit rund 40 Prozent der größte Posten im EU-Haushalt. Den zweitgrößten Teil machen mit mehr als einem Drittel Kohäsions- und Strukturfonds aus. Sie sind hauptsächlich für Infrastruktur-Projekte in ärmeren Ländern der Union gedacht.

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