Britische Schulen setzen auf Lufthygiene statt Abstand
Schulglocken beginnen in England und Wales ab Mittwoch wieder zu läuten; in Nordirland kehrten schon am Dienstag, einige Wochen nach Schottland, Schüler in den Lernalltag zurück.
Experten warnen aber, dass bald auch Alarmglocken läuten könnten. Sie erwarten, dass mangelnde COVID-Maßnahmen in Schulen den stetigen Anstieg bei Neuinfektionen in Großbritannien, wo auch Spitals- und Todesfälle klettern, weiter antreiben werden.
Denn Schottland setzt seit Öffnung seiner Schulen, obwohl dort noch Maskenpflicht besteht, Rekorde: am Sonntag zählte es 7.113 neue Fälle.
Da im Sommer fast alle COVID-Restriktionen aufgehoben wurden, sollen Schulen im größten Landesteil England und in Wales ohne Masken und ohne Distanzierungs-Regeln auskommen. Stattdessen setzt man – neben Corona-Tests, die Lehrern und Kindern zu Semesterbeginn nahegelegt werden – vor allem auf Lufthygiene.
So empfiehlt die für England zuständige Regierung Boris Johnsons Schulen ab fünf COVID-Fällen, Unterricht im Freien ins Auge zu fassen, weil sich dort das Virus nicht so leicht ausbreitet. Schul-Vertreter kritisieren das allerdings als heiße Luft. „Der Vorschlag, während des Herbstsemesters Unterricht im Freien abzuhalten, wenn die Temperaturen sinken, ist etwas bizarr”, meinte Geoff Barton von der Schulleiter-Gewerkschaft. Auch Ex-Bildungsminister Kenneth Baker hält das für „unpraktisch” und fragte: „Schiebt man Sessel und Tische auch ins Freie? Natürlich kann man draußen Sport treiben, aber Kunst und Mathe kann man so nicht lehren“.
Das Unterrichtsministerium der Labour-Regierung in Wales will unterdessen mit Ozonmaschinen ins Feld ziehen. Es sorgte am Montag für Aufsehen als es den Ankauf von 1.800 Desinfektionsgeräten im Wert von 3.85 Millionen Euro ankündigte, die Schulzimmer nach COVID-Ausbrüchen reinigen sollen. Diese wandeln aber Sauerstoff in giftiges Ozon um, das Viren in der Luft und auf Oberflächen abtöten soll. „Um Gesundheits-Risiken zu verringern, verwenden wir teure, unerprobte Technologie und giftige Chemikalien”, kritisierte da ein Arzt. Die walisische Regierung versicherte, die Geräte seien nur für leere Räume gedacht und würden „die Dekontaminierung von Klassenräumen beschleunigen”.
Pepe Di’Iasio, Direktor einer Schule in Rotherham, England, sagte der BBC, sein Team setze lieber weiter auf erprobte Waffen gegen COVID. „Wir behalten Masken in überfüllten Gängen und sozialen Bereichen bei und trennen Schüler weiterhin in Jahresgruppen”, sagte er. Nur ein kleiner Teil britischer Schüler ist bisher geimpft: 16- und 17-Jährige werden erst seit einigen Wochen gepikst; und die Impfkommission hat den Einsatz von Vakzinen bisher nur für besonders gefährdete 12-15 Jährige genehmigt.
Mary Bousted von der Lehrergewerkschaft meint, andere könnten dem Beispiel folgen. „Wir werden schon bald Hunderte von Schulen im ganzen Land Notfallpläne erstellen sehen. Aber das deckt den Brunnen erst zu, nachdem das Kind hineingefallen ist”.
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