May steckt fest: Die Stunde der Brexit-Rebellen?
Wochenauftakt in London, und schon der erste Crash in Sachen Brexit. Noch am Dienstag, nach ihrer katastrophalen Abstimmungsniederlage im Unterhaus, hatte Premierministerin Theresa May angekündigt, intensive Gespräche von da an mit der Opposition führen zu wollen. Doch damit ist es bereits wieder vorbei. Empört über die Sturheit von Labour-Chef Corbyn hat May Sonntagnacht alle Gespräche mit der Opposition abgebrochen.
Für ihren „Plan B“, den sie in wenigen Stunden im Parlament präsentieren muss, setzt sie nach jüngsten Informationen ganz auf die EU und im speziellen auf das Nachbarland Irland. Doch dort winkt man bereits ab. Wie es also weitergehen soll und kann, hängt in diesen Stunden vor allem vom Unterhaus ab – und dort gärt eine Rebellion, die heute offen ausbrechen könnte.
Die Signale, die aus der Downing Street am Wochenende zu vernehmen waren, sind alles andere als ermutigend. Die Premierministerin hat jede Forderung, von ihren roten Linien abzurücken, prompt zurückgewiesen. Sie weigert sich, den chaotischen EU-Ausstieg ohne Vertrag („No-Deal-Brexit“) von vornherein auszuschließen und erteilt der Idee, Großbritannien doch einfach in einer Zollunion mit der EU zu belassen eine klare Absage.
Kein Spielraum
Stattdessen versucht May mit dem Nachbarn Irland direkt verhandeln, um so das derzeit größte Hindernis für den EU-Ausstieg zu umschiffen: die ungeklärte Frage der zukünftigen Grenze zwischen Irland und der britischen Provinz Nordirland. Doch derartige bilaterale Sonderabkommen lehnt die EU strikt ab, entsprechend negativ ist auch das Echo aus Dublin.
Wenig politischer Spielraum also für die ohnehin in die Enge getriebene Premierministerin. „Sie kann sich in keine Richtung mehr bewegen“, gab sich einer ihrer Mitarbeiter gegenüber der Times als Untergangsprophet: „Der Zusammenbruch der Regierung droht.“
Ausschuss übernimmt
In dieser Situation rücken Abgeordnete aus der Regierungspartei und der Labour-Opposition enger zusammen, um Auswege aus der Sackgasse zu finden. Konkret will man die Verantwortung für den nächsten Schritt in Sachen Brexit der Premierministerin und ihrer Regierung aus der Hand nehmen.
Das in Jahrhunderten gewachsene Regel-Wirrwarr des Londoner Unterhauses lässt solche überraschenden Schachzüge unter gewissen Umständen zu – und genau diese Umstände wollen die Rebellen in dieser Woche herbeiführen. Es geht um Ergänzungsanträge zu Mays morgigem Vorschlag, die es schließlich möglich machen, einem Ausschuss des Parlaments die Verantwortung für die nächsten Brexit-Entscheidungen zu übertragen.
Tatsächlich hat sich der Anführer der Revolte in Mays eigener Partei, der ehemalige Generalstaatsanwalt Dominic Grieve, laut Times mit Mitarbeitern aus Mays Kabinett verständigt. Man sei sich einig, den Brexit-Prozess vorerst hinauszuzögern.
Parallel dazu arbeiten Abgeordnete von Labour und den Konservativen einen gemeinsamen Antrag aus, der den „No-Deal-Brexit“ auf jeden Fall unmöglich macht. Wie alarmiert man in der Regierung über die Revolte ist, zeigt die Stellungnahme eines Sprechers gegenüber der BBC: „Jeder Versuch, der Regierung die Macht zu entziehen, ist in höchstem Maße besorgniserregend.“ Es könne nicht sein, dass das Unterhaus den Brexit-Prozess an sich reiße, meinte auch Handelsminister Liam Fox am Sonntag in der BBC. Die Entscheidung der Bevölkerung für den Austritt aus der EU sollte nicht ausgehebelt werden.
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