Biden in Brüssel: Neue Sanktionen gegen Moskau stehen auf dem Plan

US-Präsident Joe Biden vor dem Abflug nach Europa
NATO und EU-Gipfel: Der US-Präsident ist heute in Brüssel, morgen in Warschau. Neue Sanktionen gegen Moskau stehen auf dem Plan, Waffenhilfe für die Ukraine – und eine verstärkte NATO in Osteuropa.

Ein überzeugtes "Njet" klingt anders: Hartnäckig wiederholte CNN-Journalistin Christiane Amanpour Dienstagnacht die Frage an Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, ob er ausschließe, dass Russland im Ukraine-Krieg Atomwaffen einsetzen könnte. Doch die Antwort des Putin-Vertrauten kam nicht als ein beruhigendes "Nein", sondern sie lautete: "Nur im Falle einer existenziellen Bedrohung Russlands."

Das US-Verteidigungsministerium winkte gestern zwar ab: Es gebe keinerlei Anzeichen für ein derartiges Szenario. Doch die Nervosität ist hoch – heute beim Gipfel der 30 NATO-Staaten in Brüssel.

Es war US-Präsident Joe Bidens Idee, die westlichen Militär-Verbündeten am Donnerstag zu einem eiligst einberufenen Sondertreffen zusammenzutrommeln. Unmittelbar danach wird Biden beim Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs dazustoßen.

Überall herrscht die gleiche Dringlichkeit: Die Ukraine unterstützen, die wirtschaftlichen Kriegsfolgen für die EU abmildern, das NATO-Territorium schützen, Russland abschrecken – und auf mögliche, noch schlimmere Attacken aus Russland vorbereitet sein.

Geschlossene Fronten

Bidens wichtigste Botschaft bei der Brüsseler Gipfel-Serie: Europa und USA bleiben weiterhin geschlossen und vereint angesichts der russischen Bedrohung. Neue Sanktionen sollen verkündet werden.

Biden in Brüssel: Neue Sanktionen gegen Moskau stehen auf dem Plan

NATO-Manöver in Norwegen

Vor allem aber soll beim NATO-Sondertreffen die "langfristige, strategische Anpassung der Verteidigungsfähigkeiten der Allianz an der Ostflanke" zementiert werden. Konkret bedeutet das: In den drei baltischen Staaten sowie in Polen, Ungarn, der Slowakei und Rumänien wurden mittlerweile mehr als 300.000 NATO-Soldaten in Alarmbereitschaft versetzt.

Acht statt vier Battlegroups

Zudem will die NATO ihre Ostflanke mit vier weiteren Gefechtsverbänden verstärken. Wie Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch mitteilte, sind als Standorte für die zusätzlichen NATO-Battlegroups die Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien vorgesehen. Vier Battlegroups gibt es bereits in Estland, Lettland und Litauen sowie in Polen.

Fünf Flugzeugträger wurden in europäischen Gewässern stationiert und Polen, Rumänien und die Slowakei mit US-Patriot-Raketenabwehrsystemen ausgerüstet. Auch die Luftverteidigung wird ausgebaut.

Genau vier Wochen nach Kriegsbeginn soll Russland die hochgerüstete Militärmacht der NATO deutlich sehen: Man sei darauf vorbereitet, lautet die Botschaft des westlichen Bündnisses, alle potenziellen Angriffsversuche der russischen Armee abzuwehren.

Und abziehen werden diese kampfbereiten Truppen entlang der NATO-Ostflanke so bald nicht mehr. Das widerspricht zwar der NATO-Russland-Grundakte aus dem Jahr 1997. Damals hatte sich die NATO verpflichtet, auf die dauerhafte Stationierung von Kampftruppen im östlichen Bündnisgebiet zu verzichten. Aber seit Russland Krieg gegen die Ukraine führe, könne Moskau nicht länger erwarten, "dass sich die NATO an diese Vereinbarung hält", sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

FILE PHOTO: NATO summit in Brussels

Selenskij per Video dabei

Per Video wird sich Ukraines Präsident Wolodimir Selenskij aus einem Bunker in Kiew zum NATO-Gipfel dazuschalten. Doch neuerlich dürfte seine Bitte um die Errichtung einer Flugverbotszone kein Gehör finden. Auch NATO-Friedenstruppen, wie es Polen für die Ukraine vorschlägt, wird es nicht geben.

"So schwer es fällt", bedauerte Deutschlands Kanzler Olaf Scholz vor dem NATO-Treffen, "es darf keine direkte Konfrontation zwischen der NATO und Russland geben. Die NATO wird nicht Kriegspartei", beharrte Scholz.

Worauf die Ukraine weiter hoffen kann, sind Waffenlieferungen der NATO. Wobei man in Brüssel fürchtet, dass auch die Armee von Belarus auf Druck Moskaus in die Ukraine einrücken könnte.

Dann wären die Nachschubwege für die Waffen der NATO zur ukrainischen Armee abgeschnitten.

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