Außenpolitischer Ausblick: Wahlen, Wahlen, Wahlen
Seit vier Jahren hat er den „unmöglichsten Job auf dieser Erde“, wie es einst einer seiner Vorgänger formuliert hatte: Antonio Guterres bekleidet das Amt des UNO-Generalsekretärs. Und weil dem 72-jährigen Portugiesen das „Unmögliche“ gelang – nämlich keinen der UNO-Mitgliedsstaaten nachhaltig zu verprellen – startet er heute in seine zweite Amtszeit.
Es dürften spannende weitere vier Jahre werden, bleiben die Corona-Pandemie und die Klima-Katastrophe doch nach wie vor die größten Bedrohungen für die Staatengemeinschaft.
Unklar ist indessen, mit welchen Regierungschefs Guterres nach diesem Jahr noch zusammenarbeiten wird – denn 2022 könnte einige personelle Veränderungen mit sich bringen.
Der Startschuss zum internationalen Wahlmarathon fällt in Guterres’ Heimat: Am 30. Jänner finden in Portugal vorgezogene Neuwahlen statt, weil der Budgetentwurf der amtierenden Regierung im Parlament mehrheitlich abgelehnt wurde. Nun muss der sozialistische Ministerpräsident António Costa sein Amt bereits zwei Jahre vor dem eigentlichen Ende der Legislaturperiode verteidigen. Viel ändern dürfte sich dabei an den Mehrheitsverhältnissen nicht, Costa steht in sämtlichen Umfragen weiter an der Spitze.
Super-Wahlmonat April
Ähnlich dürfte die Wahl in Serbien ausgehen, die den Super-Wahlmonat April einläutet. Der immer autokratischer regierende Aleksandar Vučić ist in Serbien weiterhin enorm populär.
Spannender wird es dagegen Mitte April in Frankreich, wo die Wiederwahl von Präsident Emmanuel Macron keinesfalls sicher ist. Der Einzug in die Stichwahl gilt für den 44-jährigen als wahrscheinlich, dabei dürfte er aber dem gesamten rechten Wählerspektrum gegenüberstehen.
Denn die Chefin der Rechtspartei Rassemblement National, Marine Le Pen, hofft darauf, erneut in der Stichwahl gegen Macron anzutreten. Der ehemalige Journalist Éric Zemmour, bereits rechtskräftig wegen des Aufrufs zu rassistischer Diskriminierung verurteilt, versucht sie dabei mit seiner eigenen, noch extremeren Bewegung rechts zu überholen.Doch nicht nur in Frankreich wird ein polarisierender, hitziger Wahlkampf erwartet. Auch in Ungarn, wo sich ein geeintes Oppositionsbündnis dem langjährigen Ministerpräsidenten Viktor Orbán entgegenstellt, wird voraussichtlich noch Ende April gewählt.
Angeführt wird das Bündnis vom konservativen, aber proeuropäischen Bürgermeister Péter Márki-Zay.
Sollte er es schaffen, die aus Grünen, Sozialdemokraten, Rechtspopulisten und seiner eigenen Partei (MMM) bestehende Bewegung vereint zu halten, dürfte er realistische Chancen haben, den „ewigen“ Orbán zu entthronen. Dieser hat im Zuge der Corona-Pandemie einiges an Kredit bei der Bevölkerung eingebüßt.
In einem anderen Nachbarland Österreichs gilt dagegen das Ende der rechtskonservativen Regierung als in Stein gemeißelt: Slowenien beschließt den Wahlmarathon am 24. April. Ministerpräsident Janez Janša dürfte abgewählt werden, als wahrscheinlichste Nachfolgerin gilt die Sozialdemokratin Tanja Fajon. Die frühere Fernsehjournalistin, die seit 12 Jahren für die Sozialdemokraten im EU-Parlament sitzt, bleibt vorerst weiterhin Europaabgeordnete. Seit eineinhalb Jahren steht sie an der Spitze der slowenischen Sozialdemokraten.
Tests für Biden und Xi
Einer, der sich stets positiv über Ex-US-Präsident Donald Trump äußert, ist Jair Bolsonaro. Der rechtsextreme Präsident Brasiliens wird bei der kommenden Wahl im Oktober erneut kandidieren, doch kaum jemand sieht für ihn eine ernsthafte Chance auf eine zweite Amtszeit.
Zu viele Skandale umschwirren den 66-Jährigen, nicht zuletzt aufgrund seines fatalen Umgangs mit der Corona-Pandemie. Aktuell sieht alles danach aus, dass der linke Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva das Amt erneut übernehmen wird.
Er galt schon 2018 als Favorit, wurde aber in einem umstrittenen Prozess wegen Geldwäsche zu fast zwei Jahren Haft verurteilt.
Parteitag der KP
Im Herbst des kommenden Jahres werden dann die politischen Spitzen der USA und Chinas vor innenpolitische Herausforderungen gestellt. Voraussichtlich im September wird es ernst für den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping.
Er muss sich am 20. Parteitag der Kommunistischen Partei von den Genossen bestätigen lassen. Dafür, dass eine Fortsetzung seiner Herrschaft so gut wie sicher ist, hat er im vergangenen Jahr viel getan.Viel versucht hat zumindest auch US-Präsident Joe Biden.
Im Gegensatz zu Xi Jinping muss er sich in den Vereinigten Staaten aber mit einem Konzept herumschlagen, dass das Regieren deutlich erschwert: Einer Opposition. Die dürfte im November 2022 noch einmal deutlich gestärkt werden, denn nach alter US-Tradition dürften die Republikaner bei den kommenden Zwischenwahlen beide Parlamentskammern (Senat und Repräsentantenhaus) zurückerobern.
Für den ohnehin angeschlagenen US-Präsidenten heißt das: Es wird von da an nahezu unmöglich werden, große Gesetzespakete zu beschließen. Das eigentliche Kernprojekt seiner Präsidentschaft, der sogenannte „Build Back Better Plan“, scheiterte schon 2021 an der Stimme des sturen demokratischen Senators Joe Manchin.
Van der Bellens Kollegen
Das Jahr 2022 ist das vorerst letzte in der Amtszeit von Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Bis auf weiteres aber wird er noch einige neue Kollegen als Staatsoberhäupter begrüßen können: In Italien hört Sergio Mattarella schon im Jänner auf, Deutschlands Frank-Walter Steinmeier stellt sich im Februar der Wiederwahl.
Wenn auch diese Wahl in Deutschland geschlagen ist, kommen im Juni die sieben größten Industrienationen (G7) zum Gipfeltreffen im bayrischen Schloss Elmau zusammen. Vier Monate später werden sie einander beim G20-Gipfel wiedersehen, ehe im November die Weltklimakonferenz in Ägypten stattfindet.
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