Attentäter von Istanbul weiter auf der Flucht

Attentäter von Istanbul weiter auf der Flucht
Während Fahndung nach Attentäter weiterhin auf Hochtouren läuft, bekannte sich Terrormiliz "Islamischer Staat" zu der Tat.
  • Bei einem Terroranschlag auf den Nachtclub "Reina" in Istanbul wurden in der Silvesternacht 39 Menschen getötet.
  • Von dem Täter fehlt bisher jede Spur. Augenzeugen berichteten von einem als Weihnachtsmann verkleideten Mann, was die Behörden jedoch nicht bestätigten.
  • Am Montag bekannte sich der IS zu dem Anschlag.
  • Unter den Opfern sind elf Ausländer, österreichische Staatsbürger sind keine darunter.


Nach dem verheerenden Terrorangriff auf eine Silvesterfeier im Istanbuler Nachtclub Reina mit 39 Toten sucht die Polizei weiter mit Hochdruck nach dem Täter. Die Nachrichtenagentur DHA meldete, am Montagabend sei es zu einer Operation von Anti-Terror-Einheiten in Istanbul gekommen. Dabei seien Hubschrauber eingesetzt und Straßen gesperrt worden. Über Festnahmen bei dieser Razzia wurde nichts bekannt.

Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu hatte zuvor acht Festnahmen in Istanbul im Zusammenhang mit dem Terrorangriff gemeldet. Der Täter war aber nicht darunter. Die Behörden veröffentlichten unterdessen neue Fahndungsbilder des Verdächtigen, auf denen das Gesicht des Gesuchten klar zu erkennen ist. Auch Aufnahmen von Überwachungskameras wurden veröffentlicht. Der Angreifer hatte in der Silvesternacht das Feuer auf Feiernde im Club Reina eröffnet und mindestens 39 Menschen getötet. Ihm war anschließend die Flucht gelungen. Die Terrormiliz " Islamischer Staat" (IS) hat die Tat für sich reklamiert.

Kurz: Keine Österreicher unter Opfern

Bis Sonntagabend waren noch nicht alle Opfer identifiziert. Unter den Toten sind auch zahlreiche Ausländer. Österreicher sind keine darunter. Das konnte Außenminister Sebastian Kurz im Ö1-Morgenjournal am Montag bestätigen. Allerdings hätten Österreicher in der Silvesternacht in dem Club gefeiert - ein Team des Außenministeriums sei bereits in Kontakt zu diesen, sagte Kurz.

Attentäter von Istanbul weiter auf der Flucht
Flowers have been laid in front of the Reina night on January 1, 2017 in Istanbul, after a gunman killed 39 people, including many foreigners, in a rampage at an upmarket nightclub in Istanbul where revellers were celebrating the New Year. The shooting spree at the waterside Reina nightclub was unleashed when 2017 in Turkey was just 75 minutes old, after a year of unprecedented bloodshed that saw hundreds of people die in strikes blamed on jihadists and Kurdish militants and a bloody failed coup. / AFP PHOTO / YASIN AKGUL

Hintergrund: Chronologie einer schrecklichen Nacht

Bei den Toten handelt es sich um 25 Männer und 14 Frauen. Elf der identifizierten Todesopfer waren demnach türkische Staatsangehörige, ein weiterer habe zusätzlich die belgische Staatsangehörigkeit gehabt. Alle anderen waren demnach Ausländer verschiedener Nationalitäten. Als Herkunftsländer nannte Anadolu Saudi-Arabien (7), Libanon und den Irak (je 3), Tunesien, Marokko, Indien, Jordanien (je 2), Kuwait, Kanada, Israel, Syrien, Russland (je 1).

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan kündigte an, weiter entschlossen gegen den Terrorismus zu kämpfen. Die Türkei werde alles tun, um "die Sicherheit und den Frieden ihrer Bürger zu gewährleisten". International wurde die Bluttat scharf verurteilt. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sprach von einer "abscheulichen und barbarischen Tat". Alle Terrorakte seien verbrecherisch und durch nichts zu rechtfertigen, unabhängig von ihrer Motivation, teilte der Sicherheitsrat am Sonntag (Ortszeit) mit. Bereits 2016 hatte die Türkei eine ganze Reihe verheerender Anschläge erlebt.

Hintergrund: Was wir bisher über den Anschlag wissen

Die Tatsache, dass der Angriff einem mondänen Club galt, in dem auch Ausländer verkehren, werteten Beobachter in der Türkei schon unmittelbar nach dem Anschlag als Hinweis auf einen möglichen islamistischen Hintergrund. Nach dem türkischen Einmarsch im August in Syrien hatte der Anführer der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS), Abu Bakr al-Bagdadi, im November zu Anschlägen in der Türkei aufgerufen.

Der Zeitung Hürriyet zufolge waren am Silvestertag acht Kämpfer der Terrormiliz IS in Ankara festgenommen worden, die einen Anschlag in der Nacht geplant haben sollen. Türkische Truppen sind derzeit in Nordsyrien in heftige Gefechte mit dem IS verwickelt.

Attentäter von Istanbul weiter auf der Flucht

In den vergangenen zwei Jahren ist die Türkei immer wieder von schweren Anschlägen erschüttert worden. Verantwortlich für die Attentate waren meist die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) oder die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und ihre radikale Splittergruppe Freiheitsfalken Kurdistans (TAK).

20. Juli 2015: 34 Menschen werden bei einem Anschlag auf junge kurdische Aktivisten in Suruc an der Grenze zu Syrien getötet. Die Regierung macht die IS-Miliz für die Tat verantwortlich.

10. Oktober 2015: Während einer prokurdischen Friedenskundgebung vor dem Hauptbahnhof in Ankara reißen zwei Selbstmordattentäter der IS-Miliz 103 Menschen in den Tod. Mehr als 500 Menschen werden verletzt.

12. Jänner 2016: Bei einem Selbstmordanschlag auf eine Touristengruppe im touristischen Zentrum Istanbuls werden zwölf Deutsche getötet. Die Regierung gibt der IS-Miliz die Schuld für den Anschlag vor der Blauen Moschee.

17. Februar 2016: Bei einem Anschlag mit einer Autobombe auf einen Militärkonvoi in der Hauptstadt Ankara werden 28 Menschen getötet. Die TAK bekennt sich zu dem Anschlag.

13. März 2016: Mindestens 34 Menschen werden bei der Explosion einer Autobombe im Zentrum von Ankara getötet, Dutzende verletzt. Auch dazu bekennt sich die TAK.

19. März 2016: Auf der beliebten Istiklal-Einkaufsstraße im Zentrum von Istanbul reißt ein Selbstmordattentäter vier ausländische Touristen - drei Israelis und einen Iraner - mit in den Tod. Die Behörden vermuten die IS-Miliz hinter der Tat.

7. Juni 2016: Durch einen Bombenanschlag werden im historischen Zentrum Istanbuls elf Menschen getötet, darunter sieben Polizisten. Zu dem Anschlag bekennt sich die TAK.

8. Juni 2016: Die Explosion einer Autobombe tötet sechs Menschen vor einem Polizeirevier in Midyat im Südosten der Türkei. Zu der Tat bekennt sich die PKK.

28. Juni 2016: Bei einem dreifachen Selbstmordattentat auf den Istanbuler Atatürk-Flughafen werden 47 Menschen getötet und mehr als 200 Menschen verletzt. Die Regierung macht die IS-Miliz verantwortlich.

18. Juli 2016: Bei einer Anschlagserie der PKK-Guerilla auf Sicherheitskräfte im Südosten des Landes werden 14 Menschen getötet und 300 weitere verletzt.

20. Juli 2016: Bei einem Anschlag eines IS-Attentäters auf eine kurdische Hochzeitsgesellschaft in Gaziantep im Südosten der Türkei werden 57 Menschen getötet, darunter 34 Kinder.

26. August 2016: Ein PKK-Attentäter sprengt sich vor dem Polizeipräsidium in Cizre im kurdischen Südosten der Türkei in die Luft und reißt elf Polizisten in der Tod.

12. September 2016: Eine Autobombe explodiert vor der Zentrale der Regierungspartei AKP in Van. 48 Menschen werden verletzt. Die Regierung macht die PKK verantwortlich.

9. Oktober: In der südosttürkischen Provinz Hakkari bringt ein Attentäter einen mit Sprengstoff beladenen Kleinlaster vor einem Kontrollposten der Gendarmerie zur Explosion.

4. November 2016: Vor dem Polizeihauptquartier in Diyarbakir werden neun Menschen getötet. Die Regierung macht die PKK verantwortlich, doch bekennt sich auch die IS-Miliz dazu. Zu der Explosion war es kurz nach den Festnahmen von zwölf Abgeordneten der pro-kurdischen HDP gekommen.

10. Dezember 2016: Nach einem Fußballspiel im zentralen Istanbuler Stadtteil Besiktas töten zwei Selbstmordattentäter der TAK 45 Menschen, die meisten von ihnen Polizisten.

17. Dezember 2016: In der zentraltürkischen Stadt Kayseri kommen bei einem Selbstmordanschlag mindestens 13 Soldaten ums Leben. Der Attentäter hat eine Autobombe neben einem Bus mit Militärangehörigen gezündet haben. Auch hierzu bekennt sich die TAK.

19. Dezember 2016: wird der russische Botschafter Andrej Karlow in Ankara von einem türkischen Polizisten niedergeschossen. Die türkische Regierung verdächtigt die Gülen-Bewegung, hinter dem Attentat zu stecken.

1. Jänner 2017: Bei einem Anschlag auf den angesagten Istanbuler Nachtclub "Reina" werden mindestens 39 Menschen getötet, darunter mindestens 15 Ausländer.

- Papst Franziskus gedachte nach seiner Neujahrsmesse der Opfer. "Leider hat die Gewalt auch wieder in dieser Nacht der Wünsche und der Hoffnung zugeschlagen“, sagte der Pontifex beim traditionellen Angelusgebet vor rund 50.000 Gläubigen.

- Der russische Präsident Wladimir Putin sicherte der Türkei seine Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus zu. "Es ist unsere Pflicht, entschlossen Widerstand gegen die terroristische Aggression zu leisten“, schrieb Putin in einem Telegramm an Erdogan. "Es ist schwer, sich ein zynischeres Verbrechen vorzustellen als den Mord an Zivilisten auf dem Höhepunkt des Neujahrsfestes."

- Die US-Regierung sprach von einer Gräueltat. "Wir bekräftigen die Unterstützung der USA für die Türkei, unserem NATO-Verbündeten, in unserer gemeinsamen Entschlossenheit, alle Arten von Terrorismus zu bekämpfen und zu besiegen", erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Ned Price. Präsident Barack Obama bot den türkischen Behörden Hilfe an.

- Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sagte: Die deutsche "Kanzlerin (Angela, Anm.) Merkel hat am Wochenende gesagt, was wir schon seit vielen Jahren sagen: Dass die größte Bedrohung der globalen Zukunft der Terror des radikalen Islam ist." Der Anschlag in Istanbul beweise dies erneut.

- Die EU-Außenbeauftragte Frederica Mogherini schrieb auf Twitter: "2017 startet mit einem Angriff in Istanbul. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Wir arbeiten weiter daran, solche Tragödien zu verhindern."

- NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte, seine Gedanken seien bei denjenigen, die vom Angriff betroffen seien und beim türkischen Volk.

- Angela Merkel (CDU) kondolierte Erdogan. Sie sagte: "Wieder haben Terroristen in Ihrem Land zugeschlagen. In Istanbul haben sie einen menschenverachtenden, hinterhältigen Anschlag auf Menschen verübt, die gemeinsam den Jahreswechsel feiern wollten. Ich verurteile diesen Anschlag und übermittele Ihnen mein Beileid."

- Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck schrieb an Erdogan: "Mit Trauer und Entsetzen habe ich von dem Angriff auf friedlich feiernde Menschen in der Neujahrsnacht in Istanbul erfahren, dem so viele zum Opfer gefallen sind. Diese perfide Tat verurteile ich auf das Schärfste."

- Der Generalsekretär des Europarats, Thorbjörn Jagland, erklärte, der Europarat stehe "in diesen tragischen Zeiten" an der Seite des türkischen Volks.

- Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault verurteilte die "feige und niederträchtige Attacke".

- Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), der amtierende Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), und OSZE-Generalsekretär Lamberto Zannier verurteilten in einer Aussendung der Organisation den Angriff auf den Nachtclub in Istanbul.

- Der designierte Bundespräsident Alexander Van der Bellen verurteilte ebenfalls den Anschlag. "Eine verabscheuenswerte Tat", schrieb Van der Bellen am Sonntag in der Früh im Kurznachrichtendienst Twitter. Sein "Mitgefühl ist bei den Opfern und ihren Angehörigen".

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