Wie das dramatische Artensterben gestoppt werden kann

Viele der 700 Wildbienenarten in Österreich sind gefährdet.
Das Gefühl täuscht nicht: Es gibt tatsächlich viel weniger Insekten. Und weniger Vögel, weniger Amphibien und weniger Säugetiere, ja sogar immer mehr Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht. Weltweit gehen Studien von einem Rückgang der Arten von 44 Prozent aus – in nur 50 Jahren seit 1970.
Die Wissenschaft spricht angesichts dessen, was auf der Erde beobachtet wird, längst vom „sechsten Massenaussterben“. Das fünfte geschah übrigens vor etwa 66 Millionen Jahren mit dem Asteroiden-Einschlag, der das Ende der Dinosaurier bedeutete.
Doch diesmal sind keine plötzlichen, extremen Eiszeiten die Ursache, keine Vulkanausbrüche und auch kein Meteoriteneinschlag, sondern menschliches Handeln. Was das Artensterben und den Lebensraumverlust so beschleunigt, sind die industrielle Landwirtschaft, der intensive Bergbau und die immer größer werdenden Städte, die Übernutzung der natürlichen Ressourcen durch Überfischung und Wilderei, aber auch die Erderhitzung, die Umweltverschmutzung sowie invasive (eingeschleppte) Arten. Das Artensterben verläuft bis zu 100-mal schneller als im Schnitt der letzten zehn Millionen Jahre. Das ist die Ausgangslage.
Der „Erdgipfel“ 1990 in Rio de Janeiro, wo auch die Basis für den weltweiten Klimaschutz (bisher ohne durchschlagenden Erfolg) vereinbart wurde, war auch der Startschuss für das „Übereinkommen über die biologische Vielfalt“. Seither wurden in bisher 14. Weltumweltkonferenzen aber nur wenige Fortschritte erzielt. Doch es gibt berechtigte Hoffnungen, dass die noch bis Freitag tagende 15. UN-Konferenz im kanadischen Montreal eine echte Kehrtwende einläutet.
57 Prozent der Wirbeltiere sind in Österreich gefährdet oder bereits ausgestorben.
Verhandelt wird über 22 konkrete Ziele, die bis 2030 weltweit erreicht werden sollen, darunter zum Beispiel:
- Neue Schutzgebiete
Staaten sollen verpflichtet werden, mindestens 30 Prozent der Fläche an Land und im Meer bis 2030 unter Schutz zu stellen. Laut UNO sind derzeit 15,8 Prozent der Landfläche (plus Flüsse und Seen) und 8,16 Prozent der Ozeane in irgendeiner Art geschützt. Streng geschützt sind laut Umweltorganisationen aber nur ein Prozent der Meere und drei Prozent der Wälder.
- Umweltschädliche Subventionen
Ein Abbau von biodiversitätsschädlichen Subventionen, etwa für Infrastrukturprojekte oder Agrarsubventionen.
- Artenschutz
Es geht auch um eine nachhaltige Nutzung des Artenreichtums. Zum Beispiel in Fischerei, Land und Forstwirtschaft.
- Gen-Piraterie
Entwicklungsländer möchten finanziell dafür entschädigt werden, wenn Medikamente und andere kommerziell verwertbare Produkte, die auf genetischen Eigenschaften von Pflanzen (Digital Sequence Information, DSI) ihrer Länder beruhen, produziert werden.
- Finanzierung
Ärmere, aber an Biodiversität reiche Länder stehen der Errichtung von Schutzgebieten offen gegenüber, sie wollen dafür von den reichen, aber biodiversitätsarmen Staaten Geldbekommen. Möglich wäre ein eigener Fonds wie jener für akute Klimaschäden, der das Ergebnis des letzten Klimaschutzgipfels war.
Treiber und Bremser
Die USA haben das „Übereinkommen über die biologische Vielfalt“ nie ratifiziert. Als Bremser gelten Staaten wie Argentinien oder Brasilien, die für ihren Umweltschutz Geld sehen wollen. Den Afrikanern sind strenge Regeln zur Genetik wichtig. Die EU gehört zur treibenden Kraft der „High Ambition Coalition for Nature and Humans“.
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