EU löst sich nicht schnell genug von russischem Öl und Gas

Die EU-Staaten wollen bis 2027 unabhängig von russischen Öl- und Gasimporten werden. Dieses Ziel haben sie im Mai unter dem Programm REPowerEU vereinbart, ausgelöst durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine. Nach aktuellen Berechnungen der Internationalen Energieagentur (IEA) geht sich das bei dem derzeitigen Tempo aber nicht aus.
Einerseits werden deswegen weltweit neue Energielieferanten gesucht. Die neuen Vertragspartner sind etwa Algerien, die USA, Katar oder die Vereinigten Arabischen Emirate. Andererseits soll aber auch die Energiewende schneller vorangetrieben werden, sollen also fossile durch erneuerbare Energiequellen ersetzt werden. So soll der Ökostromanteil in der EU bis 2027 auf 69 Prozent ansteigen, realistisch sind laut der IEA aber nur 55 Prozent. Insbesondere lange Zulassungsverfahren und der schleppende Netzausbau bremsen hier, kritisiert die Organisation. Auch im Transportwesen sowie beim Kühlen und Heizen hinkt die EU ihren selbst gesteckten Zielen hinterher.
Russland ist der zweitgrößte Gas- und der drittgrößte Ölproduzent der Welt. Laut der IEA kamen etwa 45 Prozent des Staatsbudgets 2021 aus diesem Sektor. Die EU bezog war mit mehr als einem Viertel seiner Öl- und etwa 40 Prozent seiner Gasimporte Russlands wichtigster Abnehmer. Obwohl der Handel heuer deutlich abgenommen hat, ist er doch nicht zum Erliegen gekommen. Russisches Öl erreicht die EU weiterhin über die Pipeline Druschba, russisches Gas kommt noch über die Ukraine-Route sowie über die Türkei (siehe Grafik).
Die EU bezieht sogar vermehrt Flüssiggas (LNG) aus Russland. Nach einer Aufstellung des Handelsblatt war Russland im November mit 1,7 Millionen Tonnen oder 13 Prozent der Gesamtmenge ex aequo mit Katar der zweitgrößte LNG-Lieferant nach den USA mit 4 Millionen Tonnen.
Nach Schätzung des finnischen Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) haben die EU-Staaten seit Beginn des Krieges etwa 123 Milliarden Euro für russisches Gas, Kohle und Öl bezahlt. Das ist mehr als die nächstgrößten russischen Handelspartner China, Türkei und Indien zusammen.
Volle Speicher
Die Gasspeicher in EU-Raum,und auch in Österreich, sind zu mehr als 90 Prozent gefüllt. Der Verbrauch war im Oktober und auch im November laut vorläufigen Daten des Rohstoffanalysten ICIS um 24 Prozent unter dem Fünf-Jahres-Schnitt. Das liegt einerseits daran, dass aufgrund der milden Temperaturen weniger geheizt wurde, andererseits hat auch die Industrie ihren Verbrauch in Anbetracht der hohen Preise bereits seit mehreren Monaten reduziert. Der diesjährige Winter sollte in Europa also nicht zum Problem werden.
Die europäischen Energiekonzerne treibt bereits die Frage um, wie sie die Speicher ab dem Frühjahr 2023 für den folgenden Winter füllen. Auch die österreichische OMV kann sich dabei nicht nur auf ihren langjährigen Hauptlieferanten, die russische Gazprom, verlassen.
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