Ein Jahr nach Hanau: "Wir hatten bisher nie die Möglichkeit, zu trauern"

Ein Jahr nach Hanau: "Wir hatten bisher nie die Möglichkeit, zu trauern"
Ein Jahr nach dem rassistischen Anschlag in Hanau sind viele Fragen ungeklärt – das erschwert den Trauerprozess, sagt Ajla Kurtović, deren Bruder getötet wurde.

Die Straßen sind fast leer, einige wenige Menschen laufen schnellen Schrittes am Gehweg - mit Schirm oder tief ins Gesicht gezogener Kapuze. So wie in vielen anderen Orten an diesem eiskalten Februartag. Und doch ist hier im hessischen Hanau alles anders. Wer durch die Stadt geht, kann sie nicht übersehen, selbst wenn es gleichzeitig regnet und schneit. Ihre Namen kleben auf den Straßenlaternenmasten, ihre Fotos stehen am Sockel des Gebrüder-Grimm-Denkmals: Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Paun, Fatih Saraçoglu, Ferhat Unvar sowie Kaloyan Velkov. Neun Menschen im Alter zwischen 21 und 44 Jahren. Die eine war Mutter zweier Kinder, einer wollte sich verloben, ein anderer hatte gerade seine Lehre abgeschlossen. Manche sind in Hanau geboren, aufgewachsen oder hatten viele Jahre in der Stadt gewohnt, in der sie vor einem Jahr ermordet wurden. Durch die Hand eines 43-Jährigen, der mitten unter ihnen lebte, getrieben war von rassistischem Hass. Er erschoss sich später selbst, ebenso seine Mutter.

Die Tat wurde einhellig verurteilt, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kamen zur Trauerfeier im März. Auch bei dem heutigen Gedenken im Rathaus ist das Staatsoberhaupt dabei und wird vermutlich die richtigen Worte finden. Aber nicht die Antworten auf die vielen ungeklärten Fragen geben können, die Überlebende und Angehörige wie Ajla Kurtović ein Jahr nach dem Anschlag quälen.

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