Analyse: Die ewige Putin-Show

Dass der Präsident die Wahlen gewinnen würde, stand schon vorher fest. Doch wie geht es jetzt weiter?

Bis zur letzten Minute lief der Apparat von Kreml-Chef Wladimir Putin auf Hochtouren: "Wir erinnern Sie daran, dass am 18. März Präsidentschaftswahlen sind", lautete die SMS-Botschaft, die am Sonntag noch massenweise an Russen (109 Millionen Stimmberechtigte) verschickt wurde. Erstwähler wurden mit einer Konzertkarten-Verlosung gelockt, für das beste Selfie des Wahltages soll es ein iPhone oder ein Tablet geben.

Denn bei diesem Urnengang drehte sich alles um die Beteiligung – da der Sieger im Vorhinein feststand: Wladimir Putin, der nun bis 2024 das Zepter in der Hand hält. Etwa 76,7 Prozent votierten gestern für ihn. Mehr als 60 Prozentpunkte dahinter landete ein Kommunist auf Platz zwei. Die Wahlverweigerung war trotz der enormen Werbekampagne und starken Drucks, vor allem an Universitäten und in staatlichen Betrieben, in etwa gleich wie 2012 – rund 33 Prozent. Angepeilt hatte der Kreml aber nur 30 Prozent.

Beobachter berichteten freilich von zahlreichen Mehrfach-Stimmabgaben. Auch sonst listeten die Wahl-Watchdogs viele Unregelmäßigkeiten auf, 2500 insgesamt.

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Gift-Affäre als Schub

Überschattet wurde der Urnengang, der just am vierten Jahrestag der Annexion der ukrainischen Krim stattfand, von dem Giftgas-Anschlag in Großbritannien auf einen russischen Ex-Doppelagenten und seine Tochter. London, aber auch zentrale Westmächte und die NATO machen Russland dafür verantwortlich, das aber jede Beteiligung daran abstreitet. Es folgten wechselseitige Ausweisungen von Diplomaten und andere Sanktionen.

Für "Zar" Wladimir kam die Affäre aber durchaus zur rechten Zeit. Wieder einmal konnte er die nationalistische Karte spielen und seine Wagenburg nach außen weiter konsolidieren: Seht her, die ganze Welt ist gegen uns, wir müssen zusammenhalten.

Seit dem Jahr 2000 – so lange ist der Ex-Geheimdienstchef schon an der Macht in Russland – hat er dieses System perfektioniert. Nach dem Fall des Kommunismus und den Chaosjahren unter Boris Jelzin zog Putin die Zügel an, baute das Land um und präsentierte sich als der Retter der Nation, als starker Führer, der sich gerne in martialischen Posen fotografieren lässt. Fernsehen und andere Medien wurden gleichgeschaltet, Gouverneure entmachtet, die Opposition wird bis heute drangsaliert. Auch weil er einen Pakt mit der orthodoxen Kirche geschlossen hat, folgte ihm die Mehrheit der Russen bereitwillig – sie hatten die anarchistischen Zustände von früher satt.

Später dann führte der Kreml-Chef sein Land als maßgeblichen Spieler auf die Weltbühne zurück – Labsal für viele, die den Verlust der (jahrhundertelangen) Großmacht-Stellung als Demütigung empfanden.

Zwei Beispiele: Die Einverleibung der Krim, wo die Bevölkerung erstmals bei russischen Präsidentschaftswahlen teilnahm, trug dem Präsidenten zwar harsche internationale Kritik und Sanktionen ein, in der Heimat aber stärkte dies seine Position. Und sein Eingreifen im Syrienkonflikt (auf der Seite von Staatschef Assad) machte Russland zu einem bestimmenden Faktor im Pulverfass des Nahen und Mittleren Ostens.

Auf Lebenszeit?

Und was ist von Putins vierte Amtszeit zu erwarten (zwischen 2008 und 2012 tauschten er und Premier Medwedew die Plätze, weil das Grundgesetz drei aufeinanderfolgende Perioden verbietet, doch der St. Petersburger zog weiterhin die Fäden)? Es dürfte sich nicht viel ändern, weil die bisherige Strategie ja aufgegangen ist – auch bei einem starken Oppositionskandidaten und einem faireren Umfeld hätte der Kreml-Chef gewonnen. Also wird auch künftig die Fixierung auf seine Person als tragende Konstante gefestigt werden. Motto: Russland, das bin ich. Möglicherweise hat ihn die Entwicklung in China inspiriert, wo Präsident Xi Jinping nun bis zu seinem Tod regieren kann. Mit einem Referendum vor 2024 könnte Putin eine dahingehende Verfassungsänderung anstreben.

Das alles kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch er eine verwundbare Stelle hat – die Ökonomie. Vetternwirtschaft, Überregulierung und fehlende Rechtssicherheit blockieren eine robuste Entwicklung wie etwa in China. Dazu kommt die starke Abhängigkeit von Öl und Gas. Das wiederum schlägt sich in miesen Löhnen und einer schlechten Gesundheitsversorgung nieder.

Der Staatschef übertüncht dies gerne mit bombastisch inszenierten Events, bei denen er im Zentrum steht. Die nächste Möglichkeit dazu hat er bei der Eröffnung der Fußball-WM am 14. Juni.

Wladimir Putin als Präsident wiedergewählt

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Mit nacktem Oberkörper lassen sich nur die wenigsten Politiker fotografieren. Putin hier beim Angeln in Sibirien.
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Gut gelaunte Staatschefs: Der ehemalige US-Präsident George W. Bush, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Putin bei einem Tratsch am Rande des G8 Gipfels 2007.
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Beim Besuch der Militärischen Nachrichtenzentrale griff Putin 2006 auch selbst zur Waffe.
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2016 brachte der turkmenische Präsident ein außergewöhnliches Geschenk mit: Der kleine Hund wurde vom sonst so steifen Präsidenten ausführlich geherzt.
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Von den anderen abgewandt: Putin bei einer Kranzniederlegung zum Tag der Verteidiger des Vaterlandes am Grabmal eines unbekannten Soldaten an der Kremlmauer 2017.
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Auch Putin feiert Weihnachten. Am 7. Jänner 2017 zündet er im Kloster zum Heiligen Georg in Nowogorod eine Kerze an.
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Prost! Putin bei einem Empfang für Militärangehörige, die ihren Dienst in Syrien verichteten.

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