Angriffe auf Präsidentenpalast
Nach den Ausschreitungen in Kairo hat sich die Lage am Samstag zunächst wieder beruhigt. Vor dem Präsidentenpalast war ein massives Polizeiaufgebot zu sehen, Demonstranten waren nicht mehr dort, wie ein AFP-Journalist berichtete. Zwar waren die Hauptstraßen wieder für den Verkehr geöffnet, in angrenzenden Straßen waren aber noch die Spuren der Zusammenstöße zu sehen. Überall lagen Steine, in der Luft hing der Geruch von Tränengas, an den Palastmauern waren Parolen gegen Präsident Mohammed Mursi zu sehen. Auch auf dem Tahrir-Platz kehrte am Samstag Ruhe ein.
Begleitet von Appellen zum Gewaltverzicht sind am Freitag in Ägypten Zehntausende Menschen gegen die islamistische Regierung von Präsident Mohammed Mursi auf die Straße gegangen. Den Präsidentenpalast bewarfen sie mit Steinen, Molotowcocktails und Feuerwerkskörpern. Die Polizei reagierte mit Tränengas und schoss in die Luft, um die Demonstranten auseinanderzutreiben. Ein Mensch wurde getötet, dutzende weitere verletzt.
Proteste Freitagnacht
Die Demonstranten forderten unter anderem den Rücktritt Mursis, einen Sturz seines Regimes sowie ein Ende des ausgerufenen 30-tägigen Notstandes am Suez-Kanal. Die Wut von Demonstranten richtete sich auch gegen die islamistische Muslimbruderschaft, aus der Mursi stammt. Oppositionsführer hatten die Menschen aufgerufen, bei ihren Protesten friedlich zu bleiben.
Dennoch griffen Gegner des ägyptischen Staatschefs den Präsidentenpalast in Kairo an. Ein Dach innerhalb des Komplexes geriet in Brand. Al-Arabiya berichtete von Zusammenstößen von Aktivisten und der Polizei vor der britischen Botschaft in der Nähe des Tahrir-Platzes im Zentrum der Stadt. Großdemonstrationen wurden trotz stürmischen Wetters auch in den Städten Alexandria, Port Said und der Industriestadt Mahalla al-Kubra veranstaltet.
Zunächst friedlich
Zunächst blieb es weitgehend friedlich. In der Nähe des Tahrir-Platzes gab es nach Angaben des Fernsehsenders Al-Arabiya am Nachmittag jedoch erste Verletzte. Sie seien von Geschossen getroffen worden, hieß es. Einzelheiten waren zunächst unklar.
In Alexandria forderten Tausende Aktivisten in der Innenstadt die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit, während ein Sturm die Proteste in Staubwolken versinken ließ. In Mahalla al-Kubra verlangten die Demonstranten, dass der derzeit geltende 30-tägige Notstand am Suez-Kanal aufgehoben wird. Selbst in Sagasig, dem Heimatbezirk des Präsidenten, gingen Hunderte wütende Demonstranten gegen die Muslimbruderschaft auf die Straße.
In Port Said, wo am vergangenen Wochenende Dutzende Menschen bei Krawallen gestorben sind, protestierten schon zu Mittag Tausende Menschen. Bei strömendem Regen forderten sie den "Sturz des Regimes" und Mursi zum Rückzug auf. "Wir wollen Port Said befreien", riefen sie mit Blick auf die Ausnahmeregelungen, die der Präsident nach den tödlichen Ausschreitungen über ihre sowie zwei weitere Städte am Suez-Kanal verhängt hat.
Oppositionsführer riefen die Ägypter am Freitag auf, um jeden Preis friedlich zu bleiben. Nobelpreisträger Mohammed ElBaradei mahnte über den Kurzmitteilungsdienst Twitter:
Entlassung des Innenministers verlangt
Ein neuer Fall exzessiver Polizeigewalt lässt in Ägypten indes die Forderung nach Entlassung des Innenministers lauter werden. Der prominente Oppositionspolitiker Ayman Nour sagte dem privaten Fernsehsender Al-Nahar am Samstag: "Es gibt keine Rechtfertigung für ein solches Verhalten. Ich kann nicht glauben, dass das nach der Revolution in Ägypten noch passiert." Ägyptische Fernsehsender hatten am Vorabend gezeigt, wie Polizisten bei den Ausschreitungen vor dem Präsidentenpalast einen Mann auszogen und brutal zusammenschlugen. Der Liberale forderte Präsident Mohammed Mursi auf, Innenminister Mohammed Ibrahim sofort zu entlassen. Bei den jüngsten Krawallen wurde ein Mensch getötet, mehr als 70 wurden verletzt.
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