Proteste und Krawalle zum Jahrestag
Regierungsgegner und Polizei haben sich am zweiten Jahrestag der ägyptischen Revolution heftige Auseinandersetzungen geliefert. Die Sicherheitskräfte setzten am Freitag Tränengas gegen Hunderte Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in Kairo ein. Diese schleuderten Brandsätze und Feuerwerkskörper auf die Einsatzkräfte und versuchten, eine zum Schutz von Regierungsgebäuden errichtete Absperrung zu durchbrechen. Nach Angaben von Rettungskräften sind mindestens neun Menschen getötet worden. Landesweit wurden dem Gesundheitsministerium in Kairo zufolge mehr als 300 weitere verletzt.
Auch in anderen Städten kam es zu Demonstrationen und Gewalt. Bei den seit Donnerstag anhaltenden Protesten wurden nach Angaben der Regierung 25 Menschen verletzt. Es wurde befürchtet, dass es im Laufe des Tages zu weiteren Ausschreitungen kommen würde.
Die Revolution im Rückblick
Demonstranten in Ägypten steckten am Freitag die örtliche Parteizentrale der Muslimbrüder in der nordöstlichen Stadt Ismailiya in Brand. Wie ein AFP-Korrespondent am Nachmittag berichtete, stieg am Nachmittag schwarzer Rauch aus der Zentrale auf.
Verratene Revolution
Während der Revolution war der Tahrir-Platz zentraler Schauplatz des Aufstandes gegen Machthaber Hosni Mubarak. Am Freitag versammelten sich hier Kritiker des neuen islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi. Sie werfen ihm vor, die Ziele der Revolution von 2011 verraten zu haben und zusammen mit den Muslimbrüdern Ägypten auf Kosten der säkularen Kräfte im Land dominieren zu wollen. Besonderer Streitpunkt ist die Verfassung, die im vergangenen Monat verabschiedet wurde und den Kritikern zufolge die Demokratie schwächt.
Auch aus Alexandria wurden Zusammenstöße gemeldet. Weitere Proteste gab es in Sues, Ismailiya und Port Said. "Die Revolution geht weiter", sagte der linke Oppositionspolitiker Hamdin Sabahi Reuters TV auf seinem Weg zum Tahrir-Platz. "Wir weisen die Beherrschung des Staats durch eine Partei zurück. Wir sagen Nein zum Bruderschafts-Staat." Auch der liberale Politiker Amr Hamsaui lehnte dies auf Twitter ab. Er warf dem Präsidenten zudem vor, die Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit zu ignorieren.
Mursi und die Muslimbrüder haben die Kritik zurückgewiesen. Sie sehen sich durch ihren Wahlsieg bestätigt und werfen ihren Gegnern vor, die demokratischen Spielregeln nicht zu respektieren und wichtige Reformen zu erschweren. "Die Meinungsverschiedenheiten, die Ägypten gerade durchmacht, sind ein zentrales Kennzeichen des Übergangs von einer Diktatur zur Demokratie", schrieb der Anführer der Bruderschaft, Mohammed Badie, am Freitag in der staatlichen Zeitung Al-Ahram. "Sie zeigen deutlich die Vielfalt der ägyptischen Kultur."
Wohlfühlkampagne der Muslimbrüder
Die Muslimbrüder hatten unter Hinweis auf drohende Gewalt auf einen Aufruf zu einer Gegendemonstration verzichtet. Sie begingen den Jahrestag des Beginns der Revolution mit einer landesweiten Wohltätigkeitskampagne. Etwa eine Millionen Ägypter sollen dabei Medikamente und Grundnahrungsmittel erhalten. In diesem Jahr sind in Ägypten Parlamentswahlen geplant.
Mursi als Judenfeind?
Mursi wird kommende Woche in Deutschland erwartet. Im Vorfeld des Besuchs sorgten kürzlich bekannt gewordene Kommentare des Präsidenten aus dem Jahr 2010 über Juden für Wirbel. Damals hatte er Zionisten unter anderem als "Blutsauger" sowie "Nachfahren von Affen und Schweinen" verunglimpft. Mursi war zu der Zeit eine führende Figur in der Muslimbruderschaft. Die Nachrichtenagentur Reuters konnte eine Aufzeichnung des Fernsehinterviews, in dem Mursi die Aussagen machte, einsehen. Die ägyptische Regierung hat erklärt, die Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen worden.
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