Warum drei 9/11-Hintermänner jetzt der Todesstrafe entgehen könnten

Warum drei 9/11-Hintermänner jetzt der Todesstrafe entgehen könnten
9/11-Hauptdrahtzieher "KSM" und zwei seiner Komplizen sollen in der kommenden Woche ein Schuldgeständnis ablegen, um der Todesstrafe zu entkommen.

Jim Smith, dessen Frau Moira im Einsatz als Polizistin am 11. September 2001 bei den Terror-Anschlägen der radikal-islamistischen Al-Kaida in New York starb, fühlte sich „wie in den Unterleib getreten”, als er die Nachricht bekam: Hauptdrahtzieher Khalid Scheich Mohammed (KSM) und zwei seiner Komplizen, die seit bald 18 Jahren im US-Militär-Strafgefangenenlager Guantanamo auf Kuba festgehalten sind, soll die Todesstrafe erspart bleiben.

"KSM" Khalid Sheich Mohammed im März 2003

"KSM" Khalid Sheich Mohammed kurz nach seiner Festnahme im März 2003

In einem so genannten „plea deal” mit dem Verteidigungsministerium, sprich: der US-Regierung, sollen die als Terroristen geltenden Männer bereits in der kommenden Woche ein umfassendes Schuldeingeständnis ablegen. Statt der Exekution blieben sie danach bis ans Lebensende in Haft, erklärte das Pentagon in Washington, ohne jedoch ein einziges Detail zu nennen.

23 Jahre gewartet

Smith und viele andere Angehörige der insgesamt 3.000 Todesopfer der Anschläge von New York (World Trade Center), Washington (Pentagon) und Pennsylvania (Shanksville) zeigten sich in ersten Stellungnahmen empört. Tenor: Man habe 23 Jahre darauf gewartet, dass endlich bei voller Härte der Justiz gerichtskundig wird, „was diese Tiere unseren Liebsten angetan haben”. 

Zustimmung kommt von Patrick Hendry, Präsident einer Polizei-Organisation in New York: „Die Verbrechen von damals rechtfertigen die ultimative Strafe. Es darf hier keinen Deal geben.” Ted Cruz, republikanischer Senator aus Texas, bündelt den Unmut in seiner Partei mit dem Satz: „Alles unterhalb einer Exekution ist ein vollständiger Justizirrtum. Diese Regierung zeigt Schwäche gegenüber unseren Gegnern.” J.D. Vance, Donald Trumps Kandidat für die Vize-Präsidentschaft, fügte hinzu: „Wir brauchen einen Präsidenten, der Terroristen tötet und nicht mit ihnen verhandelt.”

Betrifft auch Mit-Täter

Der geplante Deal für „KSM” betrifft auch die Mit-Täter Walid bin Attash und Mustafa al-Hawsawi, die ebenfalls engstens in die Vorbereitungen der mit Passagier-Flugzeugen ausgeführten Anschläge verwickelt waren. Bin Attash hatte zwei der Flugzeugentführer ausgebildet. Er wurde 2003 in Afghanistan festgenommen. Hawsawi organisierte die Finanzierung der Attentate. Er wurde 2003 in Pakistan inhaftiert.

Dass es nach der von der New York Times-Reporterin Carol Rosenberg verbreiteten Nachricht wahrscheinlich nicht mehr zu einem ordnungsgemäßen Prozess mit Urteil vor dem Militär-Tribunal in Guantanamo kommen wird, hatte sich bereits im vergangenen Jahr angedeutet. 

Damals hatte das Verteidigungsministerium Angehörigen von Terror-Opfern nach Abstimmung mit dem Justizminister per Brief signalisiert, dass man geneigt ist, nach über einem Jahrzehnt vorprozessualem Stillstand einen „Deal” mit den, wie der frühere US-Vizepräsident Dick Cheney sagte, „Schlimmsten der Schlimmen” einzugehen.

Hauptgrund: Die Aufarbeitung der Terror-Anschläge von 9/11 tritt seit der Anklage-Erhebung gegen KSM & Co. auf der Stelle. Welche Aussagen, Akten und Staatsgeheimnisse in einem echten Prozess vorgelegt werden dürfen und welche nicht, darüber gibt es bis heute zwischen Anklage und Verteidigung keinen Konsens. 

Gefoltert 

Mittlerweile sitzt bereits der vierte Richter in Guantanamo über dem Fall, der an einen zentralen Stelle krankt: Alle Angeklagten wurden nach ihrer Inhaftierung in diversen Geheim-Gefängnissen des US-Auslandsgeheimdienstes CIA per Waterboarding (simuliertes Ertränken), Schlafentzug, Schlägen und Lärmbeschallung gefoltert. 

Welche Wert ihre Aussagen über ihre Beteiligung an den Attentaten haben, darüber gibt bis heute keine juristisch abschließende Beurteilung. Terror-Mastermind KSM und seine Mitangeklagten gehören zu den rund 30 verbliebenen Männern in dem tropischen Straflager, wo seit 2002 rund 800 Gefangene aus über 40 Ländern eingesperrt waren. Im Lauf der Zeit wurden das Gros in andere Länder überführt, Hunderte wurden als unschuldig entlassen, knapp zehn starben hinter Gittern.

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