Seit 19 Jahren besteht die NRF bereits, die ihr zugeteilten Truppen sind für den Einsatz in überraschenden, militärischen Ernstfällen vorgesehen. Am 21. Februar 2022 kam sie für diesen Zweck erstmals zum Einsatz: Angesichts der drohenden russischen Invasion in der Ukraine verlagerte die NATO knapp 30.000 NRF-Truppen an die sogenannte Ostflanke, also die Landesgrenzen des NATO-Gebiets zu Russland und dem Kriegsgebiet Ukraine.
Die USA stationierten zusätzlich noch große Truppenkontingente in mehreren europäischen Ländern, die meisten davon in Deutschland. Insgesamt befinden sich also aktuell mehr als 100.000 US-Truppen in Europa.
Dass es jetzt nochmals deutlich mehr werden sollen, liegt auch an der aufgeheizten Stimmung in den verletzlichsten Mitgliedsstaaten der NATO: Estland, Lettland und Litauen. Die baltischen Staaten fürchten eine russische Invasion auf ihrem Gebiet, seit Russland 2014 die ukrainische Halbinsel Krim annektierte.
Seit der vergangenen Woche haben sich die Spannungen mit Russland aber noch einmal verstärkt: Aufgrund der neuesten EU-Sanktionen verbot die Regierung Litauens den Transitverkehr bestimmter Baugüter per Bahn durch litauisches Staatsgebiet – und unterband damit die einzige Möglichkeit für Russland, seine Ostsee-Exklave Kaliningrad auf dem Landweg zu versorgen.
In Moskau sprach man von einer „Blockade“ und drohte sofort mit „umfassenden“ Vergeltungsmaßnahmen. Es kam zu Cyberangriffen und Luftraumverletzungen durch Helikopter.
Als südlichstes Land des Baltikums gilt Litauen als erstes potenzielles Angriffsziel einer russischen Aggression. Denn dort und in Polen befindet sich die sogenannte „Suwalki-Lücke“, die das russische Territorium Kaliningrad und den russischen Verbündeten Belarus durch ein knapp 65 Kilometer breites Gebiet verbindet.
Sollten hier russische und belarussische Kräfte einmarschieren, könnten diese das Baltikum von Polen und dem Rest der NATO-Staaten abschneiden. Für die Balten ein Horrorszenario, das mit der derzeitigen NATO-Truppenstärke im Baltikum nicht zu verhindern wäre, heißt es von den Regierungschefs. Estlands Premierministerin Kaja Kallas fordert deshalb seit Wochen lautstark mindestens 25.000 NATO-Soldaten – in jedem der drei baltischen Staaten.
Es scheint so, als bekäme Kallas ihren Willen, wenn auch nicht ganz so, wie erhofft. Die geplante Aufrüstung der NRF wird vor allem in Deutschland stattfinden, wo ein Großteil der Truppen stationiert bleiben wird und nur im Ernstfall an die Ostflanke entsendet werden soll. Bundeskanzler Scholz erklärte am Dienstag bereits stolz, in seinem Land entstehe damit künftig „die größte konventionelle Armee im NATO-Rahmen in Europa“.
Die US-Regierung will ihr ohnehin schon schlagkräftiges Truppenkontingent in Europa zudem weiter erhöhen, heißt es. Details werde man am Mittwoch beim NATO-Gipfel bekannt geben, mehr US-Soldaten an der NATO-Ostflanke gelten aber als sicher. Die Balten wird es freuen.
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