2.000 Kilometer Zaun: Europa entscheidet heute über neue Grenzpolitik

Migranten versuchen über den Grenzwall in Ceuta nach Spanien zu gelangen
Die EU-Innenminister ringen heute, Donnerstag, um ein gemeinsames Asylsystem. Das könnte die Zahl der Asylsuchenden massiv senken – doch noch wird gestritten

Insgesamt an die 2.050 Kilometer mit NATO-Stacheldraht, Drohnen und Wärmemeldern gesicherte Grenzzäune sind es, die Europa von unerwünschten Ankommenden abschotten sollen. Und täglich wachsen die Wälle und Zäune weiter.

Zuletzt hat nun Finnland begonnen, Maschendraht, Grenzpoller und Kameras an einen finnisch-russischen Grenzübergang zu karren.

200 Kilometer ihrer 1.344 langen Grenze zu Russland wollen die Finnen auf diese Weise befestigen. Militärische Funktion hat der Zaun nicht – er soll vielmehr "groß angelegte illegale Grenzübertritte verhindern", heißt es von offizieller Seite.

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Für Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) ist es ein absolutes Muss, die EU-Außengrenzen besser zu sichern. Nur so könne die Zahl der illegalen Migranten gesenkt werden.

Doch sie auf ein Minimum zu bringen, gelingt auch mit Stacheldrähten nicht, und über das Mittelmeer steigt die Zahl der Ankünfte wieder massiv.

Allein in Italien sind heuer bis Ende April mehr als 40.000 Migranten gelandet – dreimal mehr als im Vorjahreszeitraum.

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Schnelles Verfahren

Die EU-Innenminister ringen deshalb heute bei ihrem Treffen in Luxemburg auch darum, die Zahl der Asylsuchenden in Europa auf einem anderen Weg zu reduzieren: In einer Art Schnelldurchlauf sollen künftig nahezu alle Migranten erfahren, ob sie überhaupt Aussicht haben, tatsächlich einen Asylantrag stellen zu dürfen.

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Ungarischer Grenzzaum zu Serbien

Durchgeführt werden diese Blitzverfahren in den Ländern der EU-Außengrenze, etwa Italien, Griechenland, Polen. Werden die Migranten abgewiesen, sollen sie auch sofort wieder abgeschoben werden.

So weit die Theorie, gestritten aber wird weiterhin um den nächsten Schritt: Die anderen EU-Staaten sollen Solidarität leisten und freiwillig eine gewisse Zahl an Asylsuchenden aufnehmen.

Zunächst ist die Rede von 30.000 Personen, die über Europa verteilt werden sollen. Staaten, die sich weigern, sollen für jeden nicht aufgenommenen Asylwerber zahlen – je 20.000 Euro an jenen Staat, der das Verfahren übernimmt.

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Polen und Ungarn lehnen den Vorschlag ab, haben aber kein Vetorecht. Die Reform zum gemeinsamen europäischen Asylsystem wird mit qualifizierter Mehrheit beschlossen.

Weniger Asylanträge

Auch Österreich geht davon aus, dass es zunächst weder Asylsuchende aus der Quote aufnehmen noch Zahlungen leisten muss: 13.634 Asylanträge hat Österreich heuer in den ersten vier Monaten angenommen – im Jahresvergleich ein Rückgang um 18 Prozent.

Weil aber die Zahlen aus den Vorjahren noch immer hoch sind und die Belastung so groß sei, pocht Österreich bei der EU-Kommission auf eine Ausnahme. Rund 34.400 Asylwerber befinden sich derzeit in Österreich in Grundversorgung.

Europaweit steigen hingegen die Zahlen: Bis Ende April wurden 324.000 Anträge registriert, das entspricht im Jahresvergleich einem Plus von einem Drittel. Besonders hoch stieg dabei die Zahl der Anträge in Deutschland – sie hat sich fast verdoppelt.

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Grenzzaun in Calais, Frankreich

Entsprechend heftig drängt Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser (SPD) heute beim Treffen in Luxemburg auf einen Kompromiss.

Gerungen wird darum schon mehr als zweieinhalb Jahre. Bisher scheiterte eine Einigung stets beim Streit um die Frage, wie die Asylsuchenden in Europa verteilt werden sollen.

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