Die erste große Hürde wartet nächste Woche beim EU-Gipfel. Dort werden die 27 EU-Staats- und Regierungschefs darüber beraten, ob sie der Ukraine und Moldau den Kandidatenstatus zuerkennen. Das muss einstimmig geschehen – und ist noch nicht völlig sicher:
Zwar haben sich nun auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der deutsche Kanzler Olaf Scholz, die beide bisher eher bremsten, dafür ausgesprochen. Doch skeptische Töne kommen nach wie vor aus den Niederlanden, Portugal und Dänemark.
Und Österreichs Kanzler Karl Nehammer hatte zuletzt gewarnt: Ein „Ja“ zum Kandidatenstatus zur Ukraine könne er sich nur vorstellen, wenn auch die im EU-Warteraum sitzenden Staaten des Westbalkans näher an die EU herangeführt werden. Österreich möchte die neue Erweiterungsbereitschaft in Brüssel dafür nützen, auch Bosnien zum Kandidatenstatus zu verhelfen. Zudem sollen nach vielen Jahren des Wartens endlich auch konkrete Beitrittsverhandlungen der EU mit Nordmazedonien und Albanien geführt werden.
Doch davon ist vorerst noch keine Rede: „Bosnien hat einen 14 Punkte umfassenden Reformkatalog erhalten. Wir warten darauf, dass es liefert“, wehrte EU-Erweiterungskommissar Oliver Varhelyi ab.
Auch die Kaukasusrepublik Georgien hatte heuer im März im Windschatten der Ukraine und Moldaus ein EU-Beitrittsansuchen gestellt. Die Antwort Brüssels zu einem möglichen Kandidatenstatus Georgiens lautete gestern ebenfalls: Nein.
Geben die EU-Chefs beim Gipfel das erste Grüne Licht für Moldau und die Ukraine, beginnt die wirkliche Arbeit: Beide Staaten müssen dann massive Reformen umsetzen – von der Wirtschaft über die Verwaltung über die Politik bis zur Justiz.
Darüber können Jahre vergehen, wie das Beispiel Albanien zeigt: Vor acht Jahren erhielt das Land Kandidatenstatus. Es zog eine umfassende Justizerneuerung durch – und steht dennoch bei Punkt null. Konkrete Beitrittsgespräche mit der EU gibt es bis heute nicht.
Ein Tabu gebrochen
Russlands Angriffskrieg hat jedoch alles verändert. Im Herbst noch hatte Brüssel die Ukraine mit ihrem Beitrittsgesuch postwendend wieder heimgeschickt. Jetzt soll ihr größtmöglicher Beistand vonseiten der EU signalisiert werden. Dabei bricht die EU ein absolutes Tabu: Nach der Aufnahme Zyperns (2004) wollte sich die EU nicht nochmals ein Land mit Grenzproblemen einhandeln.
Jetzt nähern sich zwei Staaten mit riesigen Problemen: Die Ukraine führt Krieg und Moldau hat in seinem abtrünnigen Landesteil Transnistrien russische Soldaten stehen.
Kommentare