Die Hintergründe der Aktion sind vorerst im Dunkeln, das Ergebnis aber ist eine kriminalistische und politische Sensation: 34 Jahre nach dem Bombenanschlag auf das Passagierflugzeug der US-Fluglinie PanAm, bei dem 270 Menschen getötet wurden, ist der mutmaßliche Bombenbauer in den Händen des FBI in den USA.
Libysche Miliz
Wie aber konnte die US-Polizei ihm habhaft werden und ihn in die USA bringen? Der Erfolgsmeldung vom Wochenende sind wohl jahrelange Verhandlungen vorausgegangen – und das mit einer Miliz in Libyen mit zweifelhaftem Ruf. Vor exakt zwei Jahren hatten die US-Behörden wohl erstmals Wind von Masuds Verbleib in Libyen bekommen – und auch neue Indizien für seine zentrale Rolle in dem Terroranschlag von 1988. William Barr, damals US-Justizminister, teilte jedenfalls mit, dass Anklage gegen den gebürtigen Tunesier erhoben werde.
Verhör
Offensichtlich hatte der seine Mittäterschaft im Verhör gestanden. Dieses Verhör aber war mutmaßlich von einer bewaffneten Miliz durchgeführt worden. Die hatte Masud in den Wirren des seit Jahren andauernden Bürgerkrieges in Libyen in ihre Gewalt bekommen.
Wertvolle Beute
Eine wertvolle Beute. Schließlich war Masud persönlicher Vertrauter des 2011 gestürzten und ermordeten libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi. Der hatte Masud nicht nur mit dem Attentat auf die PanAm-Maschine, sondern auch mit jenem auf eine Diskothek im damaligen Westberlin zwei Jahre zuvor betraut.
Heimkehr nach Libyen
Masuds Name aber tauchte nach dem Anschlag nicht in den US-Ermittlungsakten auf. Dort wurde nur sein Komplize Abdelbaset al-Megrahi genannt und von Libyen offiziell dessen Auslieferung gefordert. Gaddafi ließ sich zehn Jahre Zeit, bis er schließlich al-Megrahi den Amerikanern übergab. Die machten ihm den Prozess und verurteilten ihn zu lebenslanger Haft. Unheilbar an Krebs erkrankt wurde er 2009 gnadenhalber entlassen und durfte nach Libyen heimkehren. Dort wurde er wie ein Kriegsheld empfangen und starb 2012 in seinem Haus in Tripoli.
Neue Ermittlungen zum PanAm-Anschlag nach Gaddafis Ende machten deutlich, dass al-Megrahi eigentlich nur ein Handlanger dabei war. Er soll die Bombe an Bord der Maschine geschmuggelt haben. Gebaut aber wurde sie vermutlich von Masud, der als Gaddafis Experte für Bomben galt.
Schauprozess
Dafür wurde er 2015 von der libyschen Regierung – die natürlich nur einen Teil des Landes kontrollierte – vor Gericht gestellt. In einem Verfahren, das ausländische Beobachter als „Schauprozess“ bezeichneten, wurde er verurteilt – wegen „Bombenbaus“. Das PanAm-Attentat aber war dabei kein Thema.
Wohin Masud danach verschwand, bleibt unklar. Wie so viele Gefangene im Chaos des Bürgerkriegslandes Libyen dürfte er wie eine Ware gehandelt worden sein. Schließlich landete er in den Händen eines Warlords und seiner Miliz. Wer dieser Warlord ist, mit dem die USA in Verhandlungen traten, bleibt geheim. Die einzige Information über ihn stammt vom Anwalt des verstorbenen Komplizen al-Megrahi. Der beschrieb ihn als Mann, der „von vielen für seine Verbrechen gegen die Menschenrechte verurteilt“ werde.
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