Warum der Frieden in Libyen noch in weiter Ferne ist

Warum der Frieden in Libyen noch in weiter Ferne ist
Selbst wenn ein Waffenstillstand zustande käme, gälte dieser als äußerst brüchig.

Fast neun Jahre Krieg und Elend, rivalisierende Milizen, Bürgerkrieg und zwei Machtblöcke, die zudem von verschiedensten Mächten aus dem Ausland unterstützt werden – die libysche Bevölkerung hat harte Zeiten hinter sich. Diese könnten sich am Sonntag verbessern, wenn die wichtigsten Protagonisten in Berlin ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnen. Sofern das tatsächlich geschieht.

Warum der Frieden in Libyen noch in weiter Ferne ist

Auch wenn General Khalifa Haftar dem deutschen Außenminister Heiko Maas am Donnerstag zusagte, den Waffenstillstand einzuhalten, gilt eine Unterzeichnung noch nicht als sicher. Laut internationalen Experten fordert der General noch einige Auflagen, etwa, dass alle bewaffneten Gruppierungen im Land, die nicht in einer militärischen Ausbildungseinrichtung geschult wurden, aufgelöst werden.

Misstrauen bleibt

Auch die fremden Kämpfer sollen das Land verlassen – in den vergangenen Tagen hat die Türkei rund 2.000 radikale Islamisten aus Syrien in die Hauptstadt Tripolis gebracht.„Diese Verstärkungen sind erfolgt, obwohl man der LNA (Haftars „Libysche Nationale Armee“) anscheinend zugesagt hat, im Fall der Zustimmung zu einem Waffenstillstand keine weiteren türkischen Kräfte ins Land zu verlegen“, sagt der renommierte Libyen-Experte Wolfgang Pusztai zum KURIER.

Ob die international anerkannte „Einheitsregierung“ Haftars Forderungen akzeptiert, bleibt abzuwarten. Schließlich ist deren Premier, Fayez al-Sarraj, auf ebenjene Milizen angewiesen, die Haftar auflösen lassen will.Sollte es am Sonntag tatsächlich zu einem Waffenstillstandsabkommen kommen, ist damit noch nicht viel gewonnen. Für beide Seiten ist die derzeitige Situation nicht zufriedenstellend – und beide Seiten misstrauen einander.

Warum der Frieden in Libyen noch in weiter Ferne ist

Pusztai: „Haftar versucht, die Unterstützung seiner nationalen Verbündeten (vor allem die der Stämme im Land) und auch die der internationalen (Ägypten, Vereinigte Arabische Emirate) sicherzustellen. Ihm ist klar, dass er zwingend beides benötigt, um bei einer allfälligen Fortsetzung des Kampfes gegen die Türken bestehen zu können.“

Selbiges befürchtet die Einheitsregierung: Haftar könne die Pause nutzen, um seine Kräfte zu bündeln und Tripolis anzugreifen.

Zuletzt hatte der General die libysche Hafenstadt Sirte eingenommen und war an der Küste entlang in Richtung Misrata vorgestoßen. Die dortigen Milizen gelten als die stärkste Schutzmacht der Einheitsregierung. Gleichzeitig stellen sie ein großes Risiko für die Waffenruhe dar – sie sind nicht leicht zu kontrollieren.

EU-Mission angedacht

Um doch noch für Ordnung zu sorgen, überlegt der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, EU-Soldaten in Libyen zu stationieren, um den Waffenstillstand zu überwachen. Für radikale Milizen würden westliche Soldaten jedoch lohnende Ziele bieten.

Dennoch gibt es Überlegungen, in Tripolis eine demilitarisierte Zone einzurichten. Dort würden Polizeikräfte und unabhängige internationale Überwachungskräfte eingesetzt. Diese könnten etwa unter dem Kommando der UN stehen und Truppen von geeigneten arabischen Ländern umfassen, die nicht in den Konflikt involviert sind. Da blieben nur noch Marokko und der Oman übrig.

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