Faymann-Deal mit ÖBB sorgt für Spekulationen
Der einstige SPÖ-Chef Werner Faymann ist als Immobilienunternehmer gut im Geschäft. Zu gut, munkeln Beobachter in der Branche. Ehemaliger Wiener Wohnbaustadtrat, Verkehrsminister, Bundeskanzler – die politischen Stationen des 61-Jährigen waren jedenfalls Kontakt- und Know-how-technisch die ideale Basis für den Einstieg ins Immo-Business.
Ein Deal mit den ÖBB sorgt jetzt für heftige Spekulationen. Die Bahn habe mit einer Immo-Gruppe, bei der Faymann andockte, einen Mietvertrag über den Marktpreisen abgeschlossen, wird gemutmaßt. Man wisse ja um die langjährigen, guten Beziehungen von Faymann zur ÖBB.
Was steckt tatsächlich hinter den Vorwürfen?
In der Lassallestraße 5 in Wien hat die ÖBB rund 65.000 Quadratmeter Büroflächen gemietet, langfristig. Eigentümer der Projektgesellschaft war die Lassallestraße Bau-, Planungs-, Errichtungs- und VerwertungsgmbH. An dieser Firma hält der Wiener Immobilien-Entwickler Imfarr der Familie Farrokhnia sechs Prozent, der Rest gehört der Privatstiftung der Familie.
An der Imfarr wiederum sind Faymann und sein Geschäftspartner Matthias Euler-Rolle, der ehemalige Kommunikationschef der SPÖ, über ihre 4Pro Projektmanagement mit sechs Prozent beteiligt. Zwar nur ein kleiner Anteil, aber die Imfarr dreht in Wiens Immo-Wirtschaft große Räder.
Die 4Pro wies für 2019 einen kumulierten Gewinn von 4,3 Millionen Euro aus, aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor. Ein ehemaliger Politiker steht als Unternehmer hierzulande freilich immer unter Generalverdacht. Im Erfolgsfall wird ihm Freunderlwirtschaft unterstellt. Im Fall des Scheiterns heißt’s, „so ein Trottel“.
Anfang 2022 kommt bei der Imfarr mit Ex-SPÖ-Minister Josef Ostermayer übrigens ein alter Freund an Bord. Er verlässt die Sozialbau nach dem 70-Millionen-Euro-Desaster mit der burgenländischen Commerzialbank.
Weiter verkauft
Nachdem der Mietvertrag mit der Staatsbahn unter Dach und Fach war, ging die Immobilie Lassallestraße 5 im Juli 2020 an den institutionellen deutschen Investor LHI.
Ähnliches passierte mit dem Nebengebäude, Haus Nummer 1. Hier war die Imfarr hundertprozentiger Eigentümer.
Auf rund 10.300 Quadratmeter hat sich der Wiener Gesundheitsverbund (vormaliger Krankenanstaltenverbund KAV) eingemietet, mit einem Ausbildungszentrum für Pflegeberufe. Im Juni 2020 verkaufte die Imfarr das Haus Nummer 1 an die ursprünglich nur auf Russland ausgerichtete Schweizer EPH European Property Holdings, die ihre Aktivitäten mittlerweile auf Deutschland und Österreich ausgeweitet hat.
Zuverlässige Mieter
Die staatliche ÖBB und den Gesundheitsverbund der Stadt Wien als Mieter, noch dazu langfristig – für Immobilien-Entwickler ist das ein sicheres Geschäft. Solche Kunden haben beste Bonität und sind zuverlässige Zahler.
„Faymann ist mit drei Prozent an der Imfarr beteiligt, das ist doch absurd“, ortet Euler-Rolle den „offensichtlichen Versuch, einen Skandal zu konstruieren“. Bei der Lassallestraße 5 komme der Ex-Kanzler durchgerechnet gar nur auf 0,18 Prozent. Und jeder Manager begehe Untreue, wenn er zu teuer anmiete. Die Miete für die ÖBB sei „absolut marktkonform, am unteren Ende der Bandbreite für die Lage und Qualität des Objekts“. Auch die Konditionen für den Gesundheitsverbund seien absolut marktkonform. Dass Objekte vermietet und dann weiter verkauft werden, sei die ureigenste Aufgabe einer Projektentwicklung, argumentiert Euler-Rolle.
Die ÖBB beteuern ebenfalls, dass alles korrekt zugegangen sei. Alle Geschäftsbeziehungen und Abschlüsse würden grundsätzlich den Compliance Regeln und gesetzlichen Rahmenbedingungen unterliegen.
Wie zu hören ist, dürfte die ÖBB eine Netto-Miete von 11 Euro für den Quadratmeter zahlen. Allerdings nur für die standardisierte Grundausstattung laut der vom Vermieter vertraglich zugersicherten Bau- und Ausstattungsbeschreibung. Für die Adaptierungen zum „nutzerspezifischen Vollausbau“ leiste man einen Kostenbeitrag, bestätigt die ÖBB gegenüber dem KURIER. Die Höhe des Kostenbeitrags wird nicht bekannt gegeben, über Vertragsdetails gebe man grundsätzlich keine Auskunft.
Der Gesundheitsverbund zahlt wegen der kleineren Fläche 12 bis 13 Euro.
Immo-Management
Beim Immobilien-Management scheint die ÖBB oft kein glückliches Händchen zu haben. Das Unternehmen ist mit einer Nettogrundfläche von 190 Millionen Quadratmetern (3892 Gebäude) einer der größten Immobilien-Besitzer des Landes.
Da fand sich nichts im Eigenbestand? Nein, heißt es bei der Bahn. In der Lassallestraße wurden mehrere Standorte zusammengezogen. Dort sind die Shared Service Center GmbH, die direkt zur Holding ressortiert, sowie Teile der Infrastruktur und des Petrsonenverkehrs untergebracht. An der Erdberger Lände habe man zuvor sogar mehr bezahlt. Wichtig seien die Nähe zur Zentrale am Hauptbahnhof und die gute Verkehrsanbindung. Die ÖBB habe somit nur noch drei große Standorte.
Das Grundstück Lassallestraße 5 gehörte ursprünglich der Bahn selbst und wurde 1995/96 verkauft. Auch der Grund für das Hauptquartier war einmal im Eigentum der ÖBB, heute ist die Bahn Mieter.
Alte Zentrale wird verwertet
Seit sieben Jahren steht die ehemalige Zentrale in der Elisabethstraße leer. Erst jetzt, am Höhepunkt der Immopreise, soll die Verwertung des großen Palais in bester Wiener Innenstadtlage beginnen. Im Dezember wird dem Aufsichtsrat mit dem Budget das Verwertungsprogramm für 2022 vorgelegt, das auch die Elisabethstraße beinhaltet. Pro Jahr erzielt die Bahn durch den Verkauf von Immobilien rund 20 bis 30 Millionen Euro an Erlösen.
Fix ist allerdings, dass das Palais nicht verkauft wird, sondern nur ein Baurecht auf 90 Jahre ausgeschrieben wird. Die Nutzung des Objekts ist noch völlig offen, von Wohnungen über Kulturprojekte bis zum Hotel ist alles möglich, es wird ein Wettbewerb ausgeschrieben.
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