Selbstfahrende Autos: Welche Sensoren im Auto die menschlichen Sinne ersetzen

Die BMW Group setzt Künstliche Intelligenz seit mehreren Jahren ein, zum Beispiel in der Produktion zur Qualitätskontrolle, in Fahrassistenzsystemen mit Computer Vision oder im indirekten Bereich bei der Analyse von Änderungsdokumenten oder bei der maschinellen Übersetzung.
Autonomes Fahren wird für immer mehr Hersteller und Kunden ein Thema. Damit es klappt, sind Sensoren norm wichtig. Aber was können sie eigentlich?

In Sachen autonomes Fahren geht es voran: Im September führte Mercedes-Benz in den USA die serienreife Version von Drive Pilot ein – das  weltweit erste SAE-Level-3-System mit international gültiger Systemgenehmigung für hochautomatisiertes Fahren. Nochmals zum Verständnis: Level-3-autonomes-Fahren bedeutet: Der Fahrer kann Hände und Aufmerksamkeit vom Auto und der Straße wegnehmen. Ebenfalls im September meldete Citroën, dass der C5 X Plug-In-Hybrid 225 ë-EAT8 ab Ausstattungsniveau MAX serienmäßig den Highway Driver Assist Plus erhält-

Im Oktober ließ BMW in Lissabon erstmals den neuen i5 mit Sondergenehmigung auf den portugiesischen Straßen „selbst“ fahren und die anwesenden Journalisten durften ausprobieren, wie es sich anfühlt, mit Level-2+ - ohne Hände am Lenkrad - ein Überholmanöver auf der Autobahn zu erleben. Im November lud BMW internationale Medien nach Sölden um Innovationen  im Bereich Driverless@Development, künstliche Intelligenz und hochautomatisiertem Fahren unter winterlichen Bedingungen probezufahren. 

 

Man erkennt: Die Autoindustrie ist dabei, schrittweise immer mehr Funktionen einzubauen, die Richtung autonomes Fahren führen. Und die Kunden scheinen - relativ - offen dafür. Doch: Damit der Umstieg klappt, sind viele Fragen zu beachten.

Sehr wichtig für das autonomen Fahren sind etwa die Sensoren an Bord.  Wie in der menschlichen Anatomie gibt es auch in autonomen Fahrzeugen eine Reihe von Sensoren, die in Abwesenheit eines menschlichen Fahrers die Welt wahrnehmen. Aber ist ein Sensor wichtiger oder besser als ein anderer? Sind die Augen wichtiger als die Ohren? Ist der Tastsinn dem Geruchssinn überlegen

Fragen wie diese stellt sich Johan Rutgersson, Gruppenleiter für Sensoren und Datenverarbeitung bei Volvo Autonomous Solutions.
Auch die Schweden machen in Sachen autonomes Fahren vorwärts. Dabei geht es ohne das Nachdenken über Sensoren und Co nicht. Kameras etwa: Bei Tageslicht, wenn nicht zu viel Sonnenlicht auf das Objektiv fällt, können sie Bereiche sehr gut erkennen. In der Dunkelheit und bei schlechten Sichtverhältnissen wird jedoch eine Alternative wie Radar verwendet. Radar wird durch Licht nicht beeinträchtigt, ebenso wenig wie Lidar (siehe Infobox), das sein eigenes Lichtsignal erzeugt.

1. Lidar
Lidar ist ein Akronym für Light Detection and Ranging. Es wird verwendet, um ein 3D-Modell der Welt um das autonome Fahrzeug herum zu erstellen, das dann zur Lokalisierung verwendet wird. Das Lidar wird auch verwendet, um Hindernisse zu erkennen, indem viele winzige Laser auf die Objekte in der Umgebung geschossen werden und die Zeit gemessen wird, die das reflektierte Licht benötigt, um zum Empfänger zurückzukehren. Das Lidar ist wie ein hochauflösendes Radar, das bei einer kürzeren Wellenlänge im elektromagnetischen Spektrum arbeitet und eine Schlüsselrolle in der autonomen Technologie spielt.

2. Radar
Radarsensoren werden zur berührungslosen Messung von Position und Geschwindigkeit eines oder mehrerer Objekte mit Hilfe von Energiestrahlen eingesetzt. Diese Strahlen werden als Radiowellen bezeichnet. Wenn sie auf Objekte treffen, wird die Energie in alle Richtungen gestreut, wobei einige Wellen direkt zum Radargerät zurückreflektiert werden. Im Zusammenhang mit autonomen Fahrzeugen werden Radare eingesetzt, um Objekte in der Umgebung des Fahrzeugs zu erkennen, zu verfolgen und zu beobachten.

3. Kameras
Kameras, die in autonomen Fahrzeugen eingesetzt werden, sind passive Bildsensoren, die darauf spezialisiert sind, von Objekten reflektiertes Licht zu erkennen. Sie sind eine hervorragende Ergänzung zu Lidar und Radar und ermöglichen autonomen Fahrzeugen die genaue Erkennung und Klassifizierung von Objekten in der Umgebung.

4. GNSS
GNSS (Global Navigation Satellite System) empfängt Positions- und Zeitdaten von Satelliten, um die genaue Position eines Fahrzeugs überall auf der Welt zu bestimmen. Es ist ein universeller Begriff, der verschiedene globale satellitengestützte Ortungs- und Zeitgebungssysteme umfasst. Parallel zu anderen Sensoren und Karten nutzen unsere autonomen Fahrzeuge und Maschinen die GNSS-Technologie für eine genaue und zuverlässige Navigation. Mit GNSS können autonome Fahrzeuge und Maschinen auf komplexen Routen navigieren und Hindernissen ausweichen, um ihr Ziel sicher und effizient zu erreichen.

5. IMU
IMUs werden beim Manövrieren von Fahrzeugen eingesetzt und bestehen aus Beschleunigungsmessern, Gyroskopen und manchmal Magnetometern. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Navigation und ermöglichen es einem GPS-Empfänger, auch dann zu funktionieren, wenn keine Signale verfügbar sind - im Falle autonomer Fahrzeuge könnte dies in einem Tunnel oder einem ähnlich engen Raum der Fall sein. Da ein IMU-Sensor auf der Schwerkraft und den physikalischen Gesetzen basiert und nicht auf äußeren Bedingungen, kann er weiterhin Daten senden, damit das Fahrzeug seinen Kurs sicher beibehalten kann, bis es zu einem sicheren Halt kommt.
 

Sicherheit an erster Stelle

"Ich finde es problematisch, einen Sensor als dem anderen überlegen zu bezeichnen, wie es vielleicht andere vorgeschlagen haben. Denn für uns ist (und bleibt) die Sicherheit der wichtigste Indikator für die Wirksamkeit. Sensoren erfüllen in verschiedenen Kontexten unterschiedliche Aufgaben - sicher, das Sehen allein ist großartig, aber warum sollte man das Hören ausschließen, wenn man es auch haben kann?",  schreibt  Rutgersson in seinem Blog.

Die Herausforderungen, wenn es um verschiedene Sensoren geht, werden laut ihm durch den Anwendungsfall definiert. Das heißt  durch den Ort und die Bedingungen, unter denen die Sensoren eingesetzt werden - ob etwa  in einem Steinbruch oder auf einer Landstraße. Rutgersson: "Anstatt also zu untersuchen, welcher Sensor "besser" ist, ist es sinnvoller, darüber zu diskutieren, welche Sensoren für bestimmte Herausforderungen besser geeignet sind."

Laut der Branchenverband Bitkom-Studie - diese stammt allerdings aus 2022 - scheinen Sicherheitsaspekte eine geringere Rolle zu spielen, als vielleicht gedacht. Jeweils 30 Prozent der Befragten rechnen mit weniger Unfällen durch autonome Pkw sowie mehr Sicherheit für die Insassen, 26 Prozent mit mehr Sicherheit für andere Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer. Ein Viertel (25 Prozent) geht von einer schnelleren Ankunft am Ziel aus. Nur 21 Prozent sagen, dass selbstfahrende Autos keine Vorteile haben. 

Bei den Hauptnachteilen von autonomen Autos werden ungeklärte rechtliche Rahmenbedingungen etwa zu Haftungsfragen am häufigsten genannt (73 Prozent). 61 Prozent befürchten, autonome Pkw könnten gehackt werden, 59 Prozent haben Angst vor technischen Problemen und ebenso viele befürchten hohe Investitionskosten in die Infrastruktur. 

Rund die Hälfte (47 Prozent) hält autonome Autos für zu teuer, immerhin 42 Prozent trauen der Technik gerade in Gefahrensituationen weniger zu als dem Menschen und ebenfalls 42 Prozent machen sich Sorgen, das ihre persönlichen Daten ohne ihr Wissen von Dritten genutzt werden könnten. 39 Prozent möchten auf den Spaß am Selbst-Fahren nicht verzichten und 23 Prozent haben generell wenig Vertrauen in Technik. Ein Zehntel (10 Prozent) sieht überhaupt keine Nachteile beim autonomen Fahren.

 

Autonomes Fahren wird ohne Zweifel zu einem besseren Verkehrsfluss und zu einer angepassten Fahrweise führen und kann damit zum Klimaschutz beitragen. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wird sich auch die Sicherheit im Straßenverkehr erhöhen.

von Achim Berg

Bitkom-Präsident

Die Hände vom Lenkrad nehmen und die Aufmerksamkeit vorübergehend vom Verkehrsgeschehen abwenden – das ist hochautomatisiertes Fahren auf Level 3. BMW Personal Pilot L3 heißt die neue Funktion, die Kunden in definierten Verkehrssituationen von der Fahraufgabe entbindet und für diese Geschwindigkeit, Abstand und Spurführung regelt. 

Mit der Einführung der Level 3 Funktion im BMW 7er bietet die BMW Group als erster Automobilhersteller sowohl eine Level 2 als auch eine Level 3-Funktion in ihrem Produktportfolio an, bei der die Hände vom Lenkrad genommen und komfortabel positioniert werden können. Der BMW Personal Pilot L3 bildet für das hochautomatisierte Fahren auf Level 3 die Voraussetzung dafür, sich auf Nebentätigkeiten abseits des Verkehrsgeschehens zu konzentrieren. Die Live-HD-Karte mit exakten Streckenverläufen wird permanent mit einer hochgenauen GPS-Ortung abgeglichen und gewährleistet in Kombination mit einer 360°-Sensorik eine präzise Positionsbestimmung und Umfeldüberwachung. Die Live-HD-Karte ist immer auf dem neuesten Stand. Fahrzeuge, die mit dem BMW Personal Pilot L3 ausgestattet sind, verfügen außerdem zusätzlich zu den Kameras, über Ultraschall- und Radarsensoren der jüngsten Generation und über einen hochempfindlichen 3D-Lidarsensor zur Überwachung des Umfelds und des Verkehrsgeschehens.

Dank dieses Technologiepakets soll der BMW Personal Pilot L3 auch bei Dunkelheit sehr zuverlässig sein. 

Eine besonders innovative, teilautomatisierte Fahrfunktion auf SAE Level 2 ermöglicht bereits der BMW Autobahnassistent in allen Modellen der neuen BMW 5er Reihe. Zudem gibt es hier einen einzigartigen, aktiven Spurwechselassistent mit Blickbestätigung. Diese Funktion in der neuen BMW 5er Reihe ist vor allem für Langstreckenfahrten konzipiert, auf denen sie ermöglicht, eine besonders entspannte Haltung hinter dem Lenkrad einzunehmen. Diese Zusatzfunktion des Lenk- und Spurführungsassistenten übernimmt bei bis zu 130 km/h die Geschwindigkeits- und Abstandsregelung sowie die Lenkaufgabe.
 

 

Wann kommt automatisiertes Fahren in Österreich? 

Mit Dezember 2016 wurden in Österreich die rechtlichen Rahmenbedingungen für automatisierte Fahrzeuge und deren Systeme geschaffen und die Automatisiertes Fahren Verordnung (AutomatFahrV) erlassen. Auf deren Basis dürfen bei Testfahrten von Forschungseinrichtungen und Fahrzeugherstellerinnen/Fahrzeugherstellern bestimmte Fahraufgaben einem im Fahrzeug vorhandenen Assistenzsystem oder automatisierten oder vernetzten Fahrsystem übertragen werden (z.B. Abstand halten, Beschleunigen, Bremsen oder Spurhalten). Dabei müssen jedenfalls die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung, der Eisenbahnkreuzungsverordnung und des Immissionsschutzgesetzes-Luft eingehalten werden.

Die Einführung des vollautomatisierten Fahrens wird laut Bundesministerium für Mobilität für kommerziell verfügbare Fahrzeuge derzeit mit mehr als 10 Jahren prognostiziert. Diese Prognose variiert jedoch stark und wird nicht zuletzt von Entwicklungen im Bereich Mensch-Maschine-Interaktion, Komplexität des Anwendungsbereichs, Rechtsrahmen und damit erforderliche Harmonisierung und internationale Gesetzgebung sowie technologischem Fortschritt geprägt. 

Eine besondere Herausforderung stellt dabei der Umgang mit dem Mischverkehr, zwischen konventionellen und automatisierten Fahrzeugen, dar. Die kooperative, vernetzte Unterstützung durch die Infrastruktur, kann hierbei einen bedeutenden Beitrag liefern und den Zeitpunkt der Markteinführung wesentlich beeinflussen.

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