Wenn "Haftbefehl" vaped und ich das Tschicken sein lasse

Wenn "Haftbefehl" vaped und ich das Tschicken sein lasse
Eine Redakteurin über ihren Rauchstopp und ob Junge überhaupt noch anfangen zu rauchen.
Diana Dauer

Diana Dauer

Mit 30 hör’ ich auf. Wie oft ich das großspurig in meinen Teenagertagen und noch in den 20ern gesagt habe. Der Vorsatz klang gut, lag aber damals noch in ferner Zukunft. Doch dann kam der Tag. Ich wurde rauchend 30 und rauchte weiter. Bis kurz darauf eine mir nahestehende Person einen Schlaganfall hatte – wahrscheinlich mitverursacht durch jahrzehntelanges Rauchen. Mein naiver Glaube an die immerwährende Unversehrtheit meines Körpers war schon davor herausgefordert.

Ständige Wehwehchen, weniger Kondition und höllische Kater-Stimmung nach längeren Nächten machten die Effekte des Alterns – und des Rauchens – schwer zu ignorieren. „Soll dir das auch passieren?“, fragte mich dann eine weitere Person und meinte damit den Schlaganfall. Ich rauche seit 15 Jahren, vielleicht sind auch bei mir Schäden nicht unmöglich, musste ich mir eingestehen. Und so kam es zum Entschluss: Ich lass es bleiben!

Seit einem Monat bin ich nun rauchfrei und bereue die Verbrechen, die ich meinem Körper lange mit Genuss und im Überfluss angetan habe. Und gleichzeitig vermisse ich sie, meine ständige Begleiterin, die selbst gedrehte Zigarette. Wenn ich in Gesellschaft von Rauchern bin seltener, wenn aber Alkohol im Spiel ist, wünsche ich mir manchmal, dass mir die zukünftigen Effekte meines Lieblingslasters auf meine Gesundheit noch egal wären. So wie „damals“ eben.

Die Zeiten ändern sich. Gesundheit ist im Fokus – bei mir und bei den Jungen. Dem Lifestylewechsel – und Social Media mit all seinen Clean-Eating- und Healthy-Lifestyle-Gurus – sei dank, spielt die holistische Gesundheit eine wichtigere Rolle. Zigaretten haben weniger Platz als früher. Was dazu führt, dass die Jungen weniger rauchen, erklärt Lisa Schindlauer vom Dialog Verein für Individuelle Suchthilfe. Wobei es Unterschiede gibt: Kinder im Gymnasium rauchen seltener als jene, die das Polytechnikum oder die Mittelschule besuchen. Seit 2003 hat sich der Anteil der 15-Jährigen, die täglich rauchen, von 30 auf 12 Prozent mehr als halbiert, geht aus dem Suchtbericht der Gesundheit Österreich aus dem Jahr 2023 hervor.

Nikotin

Ist es heute also noch „cool“ zu rauchen? Es greifen zwar immer weniger Junge zu Zigarette, gleichzeitig steigt aber der Konsum von E-Zigaretten,

Vapes und Nikotinbeutel. Bald könnten wieder mehr nikotinabhängig sein. „Diese Produkte sprechen gezielt Jugendliche an, tun so, als wären sie gesünder und werben mit bekannten Rappern, wie Capital Bra oder Haftbefehl“, erklärt Christian Holzhacker vom Verein Wiener Jugendzentren. Die Motivation von jungen Rauchern, der „Coolness-Faktor“, habe sich kaum geändert, aber die Selbstoptimierung sei stärker im Fokus.

Zumindest die klassische „Tschick“ verliert bei Jungen an Anziehung. Hoffentlich passiert das bald auch bei mir. Aber von Haftbefehl lass ich mir nichts andrehen.

Lesen Sie mehr im Entwöhnungsdiary: kurier.at/author/Diana.Dauer

Dianas Entwöhnungsdiary

Vom Entschluss, zu Triggerphasen und Identitätskrisen

Ich hör' auf zu rauchen: Aber wirklich?! Der Entschluss Ich hör' auf zu rauchen: Die erste Woche und das Ende meines Lebens Ich hör' auf zu rauchen: Woche zwei ist wie Schluss machen Ich hör' auf zu rauchen: Du gehörst zu uns Ich hör' auf zu rauchen: Wie Ostern, nur ohne Tschick

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