Wo unsere Firmen einkaufen, ist auch unsere Verantwortung
Nicht Worte, sondern nur strenge Regeln für unsere Unternehmen werden dafür sorgen, dass China nicht mehr an seinen Verbrechen an den Uiguren verdient.
Von den Fasern unserer Kleidung bis zu den Komponenten unseres Handys – es ist eine Folge der Globalisierung, dass sich in fast jedem unserer Produkte Bestandteile aus unterschiedlichsten Teilen der Welt finden. Damit haben heute die meisten Unternehmen auch die Verantwortung für die Produktion dieser Teile abgegeben und kaufen einfach dort ein, wo sie am billigsten sind. Unter welchen Konditionen Millionen von Menschen im Ausland arbeiten müssen, um diese Preise bieten zu können, war lange egal.
Gestern Abend hat die EU-Kommission endlich eine Verordnung vorgelegt, mit der europäische Firmen schon bald dafür bestraft werden können, dass sie Produktteile ankaufen, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden. Auch wenn sich die neue EU-Vorgabe ausdrücklich nicht gegen ein einzelnes Land richtet, wird sie sich am stärksten auf den Handel mit China auswirken. Nicht nur, weil die Größenordnung dort eine andere ist als etwa in Pakistan oder Nordkorea, es ist auch der größte Handelspartner der Europäischen Union.
Damit finanziert Europa seit Jahren auch eines der größten Verbrechen unserer Zeit mit: In Chinas Wüstenregion Xinjiang unterdrückt der Staat seit Jahren die muslimische Minderheit der rund zehn Millionen Uiguren: In fast 400 „Umerziehungslagern“ werden die muslimischen Häftlinge gefoltert, misshandelt – und Frauen gegen ihren Willen unfruchtbar gemacht.
China betreibt in Xinjiang den weltgrößten Verfolgungs- und Unterdrückungsapparat. Den aufrechtzuerhalten, ist extrem teuer. Für die Volksrepublik bleibt das System nur deshalb lukrativ, weil wir es im Westen indirekt mitfinanzieren: Millionen Uiguren werden gezwungen, unter unmenschlichen Bedingungen Produktteile in Arbeitslagern herzustellen, etwa Baumwolle und Computerchips. Das alles ist spätestens seit 2019 bekannt, bisher kam die chinesische Regierung aber stets damit davon, alle Vorwürfe zu leugnen.
Kritik Außenstehender an seinen Mechanismen lässt das heutige China, das sich als Weltmacht begreift, nicht (mehr) zu. Die politische Führung bezeichnet ihr System offen als Gegenentwurf zu jenem des Westens. Das heißt auch, dass sie unser Wertesystem – inklusive der Menschenrechte – ablehnt. Mit Worten alleine kann man in diesem China von außen keine Veränderung mehr herbeiführen. Es braucht also andere Hebel.
Europäische Firmen zu zwingen, endlich selbst Verantwortung zu übernehmen – indem man sie zu Hause für die Bedingungen entlang ihrer Lieferketten strafbar macht – kann ein solcher sein. Die USA haben im Juni ein ähnliches Gesetz erlassen. Nur so wird man eines der größten Verbrechen unserer Zeit beenden können: Indem man gemeinsam verhindert, dass es sich für China wirtschaftlich lohnt.
Kommentare