Wie wenig ihre Worte zählen

Christian Stocker, Andreas Babler, Beate Meinl-Reisinger
Ernüchterung weit vor der Fastenzeit. Wie ÖVP, SPÖ und Neos sich vor ihrer finalen Regierungsfindung präsentieren, wen sie wie für Ministerposten ventilieren, um sie/ihn dann wieder abzumontieren – das ist verheerend. Und gibt ein ebensolches Bild ab.
Vergessen der Gleichschritt von Christian Stocker, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger gen Hofburg, in der die Angelobung partout nicht am Faschingsdienstag stattfinden soll. Um keine falschen Assoziationen zu wecken. Dabei ist bei diesem Trauerspiel ohnehin niemandem zum Lachen zumute.
Vor allem Rot und Pink zeigen gerade ihr wahres Gesicht und lassen tief blicken, wie es um die innere Verfasstheit der Parteien bestellt ist. Und wie wenig ihre Worte zählen.
Am Wochenende erklärt Babler noch, die „Staatsinteressen vor Parteiinteressen“ stellen zu wollen, Meinl-Reisinger, dass es ob der neuen Weltordnung „etwas Größeres gibt als uns“ (Neos). Geschenkt.

KLUBTAGUNG DER SPÖ WIEN: LUDWIG/BABLER
Seit Tagen stellen fast alle Gegenteiliges unter Beweis. Da gibt es das Match Bund gegen Bundeshauptstadt. Babler gegen Wiens Michael Ludwig. Da geht es um Machtdemonstrationen in Reinkultur. Da geht es um Posten und nicht mehr um Positionen, für die man unbedingt einstehen wollte.
Dass die künftige Koalition ein 19-Milliarden-Euro-Defizit in den Griff bekommen muss und sich selbst auf 21 Mitglieder aufstocken will, das trägt deshalb zur schiefen Optik bei, weil es von den Verhandlern offiziell in keinerlei Kontext gesetzt wird.
Weil es derzeit um keine Inhalte geht, die über eine bloße Überschrift hinausgehen. Weil es in dieser wichtigen Phase keine professionalisierten Kommunikationskanäle gibt, die das immer schlechter werdende Image der noch nicht einmal offiziell zustande gekommenen Regierung zurechtrücken. Zumindest es versuchen.

Herbert Kickl
Die ÖVP ist derzeit etwas außen vor, weil die Minister bekannt und still sind, Christian Stocker sich nach der 180-Grad-Wende zur FPÖ auf eine Kanzlerschaft erst einstellen muss, die er nie angestrebt hat. Aber Stocker wurde nicht gewählt und muss auch jene in der ÖVP befrieden, die eine türkis-blaue Koalition wollten. Ob ein etwaiger Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer bei schlechterer Konjunktur bald als Kronprinz gehandelt werden wird, das wird die Zeit zeigen.
Keine Zeit mehr hat die SPÖ. Sie hat es verabsäumt, die Reihen zumindest nach außen hin zu schließen und beschädigt sich derweil im Stakkato noch vor der Angelobung selbst. Und der kleinste Koalitionspartner? Die Neos werden wohl nicht das letzte Mal durch Ex-Parteichef Matthias Strolz’ Ambitionen in Erklärungsnot geraten. Die denkbar schlechtesten Voraussetzungen für den Start einer guten Regierung, die die Republik nicht nur nötig, sondern verdient hat.
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