SPÖ-internes Tauziehen um Ministerposten - Präsidium tagte lang und geheim

Nicht weniger als 3,5 Stunden hat sich die SPÖ am Dienstagabend Zeit genommen, um in einer Präsidiumssitzung die Inhalte des künftigen Regierungsprogramms durchzugehen. Ob auch Personelles besprochen wurde, war im Anschluss nicht zu erfahren.
Der Koalitionspakt soll jedenfalls am Donnerstag besiegelt werden. Am Freitag entscheidet der Vorstand der Partei zusätzlich über das Personalpaket der Sozialdemokraten.
Wiens Bürgermeister und Landesparteichef Michael Ludwig, der als Bablers Gegenspieler in der Postenfrage gilt, betonte bei seinem Eintreffen zur Sitzung im Parlament, es gebe aktuell gar keinen Streit um Posten, weil man nun einmal über Inhalte rede.
Was besagte Inhalte bzw. die Verhandlungen mit der ÖVP und den Neos angeht, ist die Sache erledigt: Man ist sich handelseins. Maßnahmen wie beispielsweise eine deutlich angehobene Bankenabgabe, die zur Sanierung des Budgets beitragen soll, werden partei-intern klar als sozialdemokratische Handschrift im Regierungspakt verortet.
Womit man bei den strittigen Punkten wäre – und zwar jenen, die innerhalb der SPÖ noch zu klären sind, nämlich: Wer macht welches Ressort?
Derzeit ist noch schwer absehbar, welche Namen sich am Ende darauf finden werden. Als de facto sicher gilt aber: ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schumann wird Ministerin in einem neuen roten Großressort: Soziales, Arbeit und Gesundheit sind in ihrem Bereich, wobei für die Gesundheit ein SPÖ-Staatssekretär geplant ist - und auch noch gesucht wird.
Dass die Gesundheit kein eigenes Ministerium bekommt, ist keineswegs eine neue Konstellation: Schon in der Regierung Schüssel I Anfang der 2000er-Jahre fungierte im FPÖ-geführten Sozialministerium Reinhart Waneck als freiheitlicher Gesundheitsstaatssekretär. Angesichts des Umstands, dass die Zuständigkeiten für die Gesundheit zu großen Teilen bei den Ländern liegen würden, sei das eine akzeptable Lösung, heißt es in der SPÖ.
Als gesichert gilt weiters: Die Oberösterreicherin Eva-Maria Holzleitner, aktuell SPÖ-Frauenvorsitzende, soll Frauenministerin werden. In diesem Ressort sollen auch die Wissenschaftsagenden landen.
Vizekanzler für Sport
Komplizierter wird es bei den vier weiteren Ressorts, die an die SPÖ gehen. Hier dürfte noch keine endgültige Entscheidung gefallen sein.
Klar ist: Andreas Babler wird Vizekanzler. Offen ist aber, welche inhaltlichen Agenden zu ihn wandern: Die zuletzt wahrscheinlichste Variante: Sport, Kultur und Medien, wobei auch hier ein Staatssekretariat für die SPÖ vorgesehen sein soll (im Gespräch ist Bundesgeschäftsführerin Sandra Breiteneder).
Dass Babler dieses an Grünen-Chef Werner Kogler erinnernde Portfolio übernehmen könnte, liegt an einem Kandidaten, der insbesondere in Wien favorisiert wird: Ex-ORF-Chef Alexander Wrabetz wird von Bürgermeister Michael Ludwig als Vertreter Wiens in der Regierung favorisiert. Und mit der Auswahl der Themen Medien und Sport könnte Babler, so die garstige Lesart, dem medial sehr bekannten Alexander Wrabetz ein Stück weit die Schneid abkaufen.
Alternativ ist für Wrabetz das Finanzministerium denkbar, wobei sich hier auch der Name von Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke hartnäckig hält. Das Argument, dem auch Babler einiges abgewinnen können soll: Nach sieben Jahren in dieser Position sei Hanke jedenfalls für diesen Job qualifiziert. Dagegen spricht: Warum sollte Michael Ludwig kurz vor einer Wien-Wahl einen bekannten Stadtrat an den Bund abgeben?
Ludwig selbst gab sich am Dienstag im Zusammenhang mit den Spekulationen kryptisch: "Ein Finanzminister muss in der Lage sein, einen großen Konzern zu führen. Eine Empfehlung personeller Natur gibt es von mir nicht", sagt er zum KURIER. Ein Statement, das sowohl auf Hanke, ehemals Geschäftsführer der Wien Holding, als auch Wrabetz gemünzt sein könnte.
Umkämpfte Infrastruktur
Bis zuletzt am härtesten umkämpft ist das nicht nur budgetär wesentliche Infrastrukturministerium: Gute Chancen hat hier der niederösterreichische SPÖ-Chef Sven Hergovich. Er weiß nicht nur die mitgliederstarke SPÖ NÖ hinter sich, sondern auch die Landespartei Wien und andere Landesorganisationen. Parteichef Babler ist kein besonderer Fan seines nö. Landsmannes – das Verhältnis zwischen den beiden ist seit Langem eher unterkühlt. Dementsprechend überschaubar ist die "Lust" des Vorsitzenden, seinen niederösterreichischen Konkurrenten in die Regierung zu holen.
Als Alternative soll Babler Hanke auch für dieses Ressort ins Spiel gebracht haben, wobei unklar ist, ob er sich angesichts der großen Zahl an Hergovich-Unterstützern durchsetzen kann.
Offen, wenn auch nicht annähernd so umstritten, ist die Besetzung des Justizministeriums: Aus dem Rennen soll die frühere Integrationsstaatssekretärin Muna Duzdar sein, die als starke Babler-Unterstützerin gilt. Sie könnte auch Staatssekretärin werden. Denkbar sei aber auch, dass ein externer Jurist, beispielsweise ein Richter, den Posten erhält.
Endgültig entschieden werden die Personalfragen dann am Freitag, wenn Vorstand und Präsidium der SPÖ auch physisch zusammenkommen.
Für Dienstagabend ist „nur“ eine hybride Präsidiumssitzung (online und vor Ort) vorgesehen – manche Mitglieder fahren deshalb gar nicht nach Wien. Auch in der SPÖ wird die Bedeutung des Treffens Dienstagabend eher niedrig angesetzt. Es handle sich um einen „Info-Termin“, um den Funktionären den Letztstand zu geben.
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