Wer will auf etwas verzichten?

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Nicht nur die Klimakrise, sondern auch die Klimapolitik weckt Ängste in der Bevölkerung. Verbote und Drohungen sind der falsche Ansatz.
Robert Kleedorfer

Robert Kleedorfer

Am Donnerstag ist es wieder einmal soweit: Laut den Experten des Global Footprint Networks ist übermorgen der sogenannte Erdüberlastungstag erreicht. Dieser gibt an, ab wann die Menschheit durch alle ihre ökonomischen Aktivitäten mehr Ressourcen in Anspruch nimmt, als die ökologischen Kreisläufe binnen eines Jahres auf natürliche Weise erneuern. Seit Jahren rückt dieser Tag immer weiter nach vorne, selbst Corona konnte den Raubbau an der Natur nur für ein Jahr ein wenig einschränken.

So kann es auf Dauer nicht weitergehen, darüber herrscht unter den politisch und wirtschaftlich Verantwortlichen weitgehende Einigkeit. Doch in welcher Geschwindigkeit welcher Weg in eine nachhaltige Zukunft eingeschlagen werden soll, ist strittig. Sowohl global als auch national.

Großer Energiebedarf

China wie auch die USA (trotz der Abwahl von Donald Trump) halten Klimaschutz und Ökologie nach wie vor mehr oder weniger für Beiwerk. Auch unter Joe Biden bleibt die US-Ölindustrie mit Fracking und Pipelinebau ein wichtiger Faktor. Und China alleine plant den Bau weiterer 368 Kohlekraftwerke, um den riesigen Energiebedarf zu stillen.

Europa hingegen hat sich vor allem im Energiebereich zu einer Wende verpflichtet. Die EU-Mitgliedsländer haben sich im Green Deal darauf verständigt, die Treibhausgase bis 2050 auf Null zu reduzieren. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versicherte, dass niemand überfordert werde.

Höhere Kosten

Denn die Menschen, aber auch die Betriebe, fürchten, dass sie künftig mit Einschränkungen und höheren Kosten leben müssen. Dieses (noch meist unterschwellige) Gefühl griff Bundeskanzler Sebastian Kurz auf und sprach von einem Weg „in die Steinzeit“ und einem „Klima-Lockdown“.

Damit sind wir mitten in der nationalen Debatte, wie es die Österreicher mit dem Klimaschutz halten und wie viel er uns wert ist. Denn sich um die Umwelt zu sorgen, ist das eine. Die Sorgen in konkrete Handlungen umzumünzen, das andere.

Unrealistische Ziele

Denn wer will schon dauerhaft zugunsten der Umwelt auf etwas verzichten oder spürbar mehr zahlen? Etwa auf das neueste Smartphone, eine Fernreise oder auch ein eigenes Haus.

Eine intakte Umwelt muss den Menschen etwas wert sein. Das kann aber nicht bedeuten, durch unrealistische Ziele, Verbote, Steuererhöhungen oder Provokationen die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft aufs Spiel zu setzen und Arbeitnehmer zu frotzeln. So nützen etwa die höchsten Förderungen für Elektroautos nichts, wenn nicht endlich für Pendler die nötigen Schnellverbindungen gebaut werden. Auf dem Weg in die Klimaneutralität darf auch das Gespür für die Wünsche und Sorgen der Bevölkerung nicht verloren gehen. Sonst wird sie den Weg nicht mitgehen.

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