Sollen jetzt bereits Impftermine für alle vergeben werden?
Elisabeth Holzer-Ottawa
29.04.21, 13:23Christian Willim
29.04.21, 13:23Pro
Die Antwort ist simpel: ja. Zeit wird’s nämlich, dass die Termine für Corona-Schutzimpfungen geplant werden können - und zwar nicht nur in den Koordinationszentralen von Landesregierungen und Sozialministerium, sondern auch von jedem einzelnen Bürger, der so eine Impfung haben möchte.
Ein fixer Termin und die Freiheit, ihn endlich selbst auswählen zu können, gäbe Sicherheit und Vertrauen, dass das System funktioniert und so fair ist, wie die Politik verspricht.
Denn je mehr über die Freiheiten für bereits Geimpfte ( z.B. Grüner Pass) diskutiert wird, desto mehr möchte ich wissen: Wann bin ich dran mit Impfen?
Der Vergleich mag jetzt seltsam banal anmuten, aber: Ich gehöre zu den Menschen, die sich bei der Verabschiedung von der Friseurin gleich den nächsten Termin mit ihr ausmachen. Nennen Sie mich Planungsfreak, doch das sichert meinen Wunschtermin bei meiner Wunschfriseurin. Vorausdenken hat schon eine beruhigende Wirkung.
Nun kann ich die Lieferungen des Impfstoffs natürlich nicht so beeinflussen wie meine Freizeit, um zum Friseur zu gehen, aber dennoch: Es würde meine Gelassenheit doch erheblich steigern, endlich eine Perspektive zu bekommen.
Würde ich in Niederösterreich leben, bekäme ich sie ab kommender Woche und hätte die Freiheit, jetzt schon selbst bestimmen zu können. In der Steiermark - sowie in allen übrigen Bundesländern - habe ich diese Freiheit nicht. Das wird von offiziellen Stellen mit deren eigener Planungsunsicherheit verteidigt: Die Impfstoffmengen seien nur für zwei Wochen halbwegs kalkulierbar.
Aber was hat das mit meiner persönlichen Planungsfreiheit zu tun? Dass ich nicht schon morgen geimpft werde, wenn ich heute einen Termin im Buchungssystem anklicke, ist klar. Aber ich weiß, wann Schluss ist mit dem Warten.
Elisabeth Holzer Die Autorin ist Chronik-Redakteurin in der Steiermark
Contra
Die immunisierende Spritze hängt Impfwilligen mittlerweile seit Dezember wie die sprichwörtliche Karotte vor der Nase. Die Politik nützt sie als Motivation der Bevölkerung für den mühsamen Weg aus der Krise. Aber wenn etwas zum Greifen nahe scheint, aber zu lange nicht fassbar ist, nährt es nur den Frust.
Die für die Umsetzung der Impfkampagne zuständigen Länder stellte diese Problematik vor eine Grundsatzfrage. Was sorgt für größeren Ärger: Keinen konkreten Impftermin in Aussicht zu haben oder die Absage eines zugesagten Termin, wenn der Stich dann wegen Vakzin-Engpässen doch wieder verschoben werden muss?
Das Land Niederösterreich hat sich nun entschieden, bis 10. Mai nach und nach Termine für alle noch ausständigen Altersgruppen zu vergeben. In allen anderen Bundesländern bleibt man dabei: Erst wenn die nächste Lieferung fix ist, werden Einladungen an jene ausgesprochen, die laut Impfplan dran sind.
Und das ist gut so. Hält das Versprechen von Bundeskanzler Sebastian Kurz, dass bis Ende Juni jeder zum Zug kommt, der will, dann geht es jetzt noch um maximal zwei Monate Wartezeit. Das ist ein klarer Zeitrahmen.
Wer jetzt einen Termin bekommt, wird auch nicht schneller geimpft, als jene, die noch keinen haben. Kommt es jedoch wieder zu Ausfällen und Verzögerungen in der Lieferkette, ist beim Modell Niederösterreich der Ärger vorprogrammiert.
Zehntausende Termine verschieben zu müssen, heißt zehntausende Menschen vor den Kopf zu stoßen, die aus verschiedensten Gründen sehnsüchtig auf den Impfschutz warten.
Das ist wie einem erschöpften Wanderer zu versprechen, dass die Hütte hinter der nächsten Kurve wartet und dann gestehen zu müssen, dass es doch noch Kilometer bis zum ersehnten Ziel sind.
Christian Willim Der Autor ist Chronik-Redakteur in Tirol.
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