Nach Euphorie kehrt in ÖVP Realismus ein

Das 1. Jahr überstand Türkis-Blau überraschend gut, aber die FPÖ bleibt ein problematischer Partner.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Am 18. Dezember ist Türkis-Blau ein Jahr im Amt. Schon heute, am 4. Dezember, werden sich Kanzler und Vizekanzler in einer Pressekonferenz den Medien stellen. Sie werden – eine wenig riskante Prognose – die vergangenen zwölf Monate positiv bilanzieren. Zu Recht?

Was sie auf ihre Fahnen heften können, sind die überraschend stabilen politischen Verhältnisse nach diesem Regierungswechsel. Die ÖVP hat in den Umfragen zugelegt, die FPÖ kaum verloren. Zur Erinnerung: Schwarz-Blau I scheiterte bereits nach eineinhalb Jahren an einem FPÖ-internen Aufstand. Auch die im Jahr 2006 neu gebildete SPÖ-ÖVP-Koalition flog den Österreichern bereits nach wenigen Monaten um die Ohren. Danach schleppte sich Rot-Schwarz jahrelang kraft- und lustlos dahin, was sich auf die Stimmung im Land verheerend auswirkte. Unter den weithin von Abstiegsängsten geplagten Österreichern grassierte Pessimismus, die Zustimmung zur Bundesregierung sank unter 20 Prozent, und, besonders alarmierend, die Sehnsucht nach einem starken Mann stieg an. Finanz-, Wirtschafts- und Flüchtlingskrise und,  nicht zu vergessen, die Terroranschläge in europäischen Städten – trugen das Ihre zur Verunsicherung vieler Menschen bei. Der alten Koalition traute man nicht mehr zu, die Dinge in den Griff zu bekommen.

Das ist der Hintergrund, vor dem die türkis-blaue Regierung nun reüssiert. Der Kanzler tut auch alles dazu, um diesen Kontrast zu pflegen. Seine Devise lautet: Nur kein Streit. Ministerratsbeschlüsse im Stakkato, vorzugsweise zu Themen, die Jahrzehnte lang liegen geblieben sind. Handeln statt Stillstand, Leadership statt Blockade sind seine damit verbundenen Botschaften.

Eine Wende in der Stimmung der Österreicher hat Kurz jedenfalls erreicht. Das Vertrauen in die Bundesregierung ist auf über 50 Prozent gestiegen, der Optimismus ist wieder größer als der Pessimismus. Das Glück einer Hochkonjunktur mit sprudelnden Steuern ist Kurz noch als Draufgabe in den Schoß gefallen.

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Möge die Übung gelingen

Die erste Runde der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ beginnt (25.10.2017)

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Gute Miene...

Zwei Monate nach der Nationalratswahl gelobt Bundespräsident Alexander Van der Bellen die türkis-blaue Bundesregierung an (18.12.2017)

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Politische Punzierung

Während der Angelobung der türkis-blauen Regierung. Bei der ersten ÖVP-FPÖ-Koalition (2000) mussten die Regierungsmitglieder ob der Demos unterirdisch in die Hofburg gehen. (18.12.2017)

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Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs bei der Angelobung in der Präsidentschaftskanzlei (18.12.2017)

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Glück gehabt

Rauchfangkehrer-Besuch bei der ersten Regierungsklausur in Schloss Seggau (5.1.2018)

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Ministerrat neu

Bildungsminister Heinz Faßmann und Innenminister Herbert Kickl  (31.1.2018)

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Stimmungshoch

Kanzleramtsminister Gernot Blümel und Innenminister Herbert Kickl sichtlich gut gelaunt im Parlament (31.1.2018)

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Hoch zu Ross

Innenminister Herbert Kickl beim Probegalopp bei der bayerischen Polizei (15.2.2018)

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Gefundenes Fressen für Fotografen

Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Kanzler Kurz auf  im chinesischen Panda Park (12.4.2018)

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Up in the air

Der passionierte Flieger, Infrastrukturminister Norbert Hofer, und Parteikollege und Verteidigungsminister Mario Kunasek (3.5.2018)

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Zweite Reihe fußfrei

Gute gelaunt nach der zweiten Regierungsklausur in Mauerbach: Staatssekretärin Karoline Edtstadler, Justizminister Josef Moser und Finanzminister Hartwig Löger nehmen in der Reihe der Journalisten Platz  (28.5.2018)

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Abgehoben

Klassenfahrt a la Türkis-Blau: Die Bundesregierung auf dem Weg nach Brüssel zu Österreichs EU-Vorsitzprogramm (6.6.2018)

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Spaßpartie

Vizekanzler Heinz-Christian Strache, Bildungsminister Heinz Faßmann und Kanzler Sebastian Kurz zu Gast in Deutschförderklasse (18.6.2018)

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Enthusiasmus

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein bei einer informellen EU-Rats-Tagung in Wien (19.7.2018)

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Künstliche Intelligenz

Margarete Schramböck, Ministerin für Wirtschaft und Digitalisierung, spricht in Hongkong mit einem Roboter (1.9.2018)

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Wenn einer eine Reise tut...

Bildungsminister Heinz Faßmann, Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, Kanzler Kurz, und Infrastrukturminister Norbert Hofer in Hongkong (1.9.2018)

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Kleine ganz groß

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Vizekanzler Strache, Kanzler Kurz und Familienministerin Juliane Bogner-Strauß nehmen Kinderbetreuung ernst (24.8.2018)

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Ernste Angelegenheit

Der für Beamte zuständige Vizekanzler Strache mit Justizminister Josef Moser bei einem Besuch der Justizvollzugsanstalt Josefstadt (4.9.2018)

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Habemus Mindestsicherung

Kanzler Kurz, Vizekanzler Strache und Sozialministerin Hartinger-Klein präsentieren die Reform der Mindestsicherung (28.11.2018)

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Cover-Kanzler

Das Time-Magazin titelt mit Kanzler Kurz.  „Österreichs junger Bundeskanzler bringt die Rechtsextremen in den Mainstream.“ (29.11.2018)

Die Grenze des Erträglichen

Zu den Schattenseiten dieser Koalition gehört, dass die ÖVP der Streitvermeidung mit der FPÖ mitunter ihr christliches Gewissen opfert. So etwas nagt auf Dauer. Wider die Vernunft werden Lehrlinge oder integrierte Familien abgeschoben. Die FPÖ gibt allzu oft fremdenfeindliche Politik vor und überschreitet mit rassistischer Propaganda die Grenze des Erträglichen. Mit einigem Bangen sieht man in der ÖVP der kommenden EU-Wahl entgegen: Wird Kurz die Grätsche zwischen einem EU-feindlichen FPÖ-Wahlkampf und seiner eigenen, pro-europäischen Partei hinbekommen?

Die große Anfangseuphorie über die Koalition mit der FPÖ ist in weiten Teilen der ÖVP verflogen. Aber Sehnsucht zurück nach der SPÖ gibt es schon gar keine. Davon dürfte Türkis-Blau noch länger profitieren: Es zeichnen sich weit und breit keine greifbaren Alternativen ab.

Regierung zieht Jahresbilanz

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