Von Panzern an der Grenze und warum Nockerln in Freiheit besser schmecken

KURIER-Redakteur Michael Pekovics kommentiert
Vor dem Fall des Eisernern Vorhangs war eine Fahrt nach Ungarn ein Abenteuer. Heute wäre es wieder eines.
Michael Pekovics

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Gefühlt ist es noch gar nicht solange her, dass eine – unter den aktuellen Umständen ja fast undenkbare – Fahrt nach Ungarn zu den großen Abenteuern eines damals noch kleinen Journalisten gehörte. Also vor dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 und am Rücksitz des elterlichen Pkw, quasi Zeitgeschichte live und light, dafür aber hautnah.

Denn hinüber auf die kommunistische Seite durfte mensch ja, auch wenn da Panzer an der Grenze standen und schwer bewaffnete Soldaten mit Gewehr im Anschlag. Schon aufregend so was, vor allem im zarten Alter von unter zehn Jahren.

Weniger spannend, weil mir egal, dafür aber umso günstiger waren die auf der anderen Seite wartenden fachkundigen Kosmetikerinnen, Friseure und Markthändler in freudiger Erwartung der ins Land gebrachten Devisen.

Der Preis dafür war einerseits das ewig lange Warten auf das Visum bei der Einreise nach Ungarn und die peniblen Kontrollen bei der Ausreise. Denn wer zuviel Fleisch oder Zigaretten (meist schlecht versteckt unter Gemüse oder anderem Zeugs aus dem Supermarkt) mit sich führte und erwischt wurde, zahlte auf den günstigen Einkauf wegen Zoll oder Strafen unterm Strich kräftig drauf.

Unschlagbar waren jedenfalls die Somlauer Nockerln und auch Jahre später noch so verführerisch, dass die erste Fahrt als frischgebackener Führerscheinbesitzer gleich wieder nach Ungarn führte. Gleichsam einem symbolisch-grenzenlosen Schritt in Freiheit und Volljährigkeit.

Über 18 bin ich zwar noch immer, nur ist der Eiserne Vorhang dem Corona-Blues gewichen. Aber das wird sich wieder ändern, so wie damals die Soldaten und Panzer an der Grenze auch einfach verschwunden sind.

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