Mitten in der Stadt und hoch oben im Beton

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Dass die Libelle gänzlich ohne Pflanzen auskommt, mag vielleicht vor (ungefähr) 15 Jahren hinnehmbar gewesen sein, 2022 ist es das nicht.
Julia Schrenk

Julia Schrenk

Waren Sie schon einmal auf der Libelle?

Also auf der Dachterrasse des Leopold Museums im Museumsquartier?

Das ist jene Dachterrasse, von der es zunächst hieß, die ringförmige Lichtinstallation auf dem Dach sähe aus wie ein Penis mit Hoden und die später gefühlt ewig nicht eröffnet werden konnte, weil blöderweise eine Pandemie dazwischenkam. Im September 2020 aber war es schließlich so weit: Die Libelle wurde für Besucherinnen und Besucher freigegeben. Seitdem ist „die schönste Kulturterrasse Wiens“ täglich außer Dienstag von 10 bis 22 Uhr offen, am Kiosk kann man täglich außer Dienstag von 10 bis 22 Uhr Snacks und kalte Getränke bestellen, der Lift bringt einen täglich außer Dienstag bis 21.30 Uhr nach oben.

Nur: Haben Sie keine allzu großen Erwartungen, sobald Sie oben angekommen sind. Sie werden enttäuscht sein.

Auf der ganzen Terrasse weht kein einziger Grashalm im Wind, kein einziges Bäumchen steckt in einem überdimensionalen Übertopf, kein einziges Blümchen ragt aus einem Kisterl. Sie stehen im Beton und blicken auf Beton. (Zumindest stehen unten, im Hof des Museumsquartiers, kleine Bäume in den sternförmig angeordneten Enzis).

Dass die Libelle gänzlich ohne Pflanzen auskommt, mag vielleicht vor (ungefähr) 15 Jahren hinnehmbar gewesen sein, 2022 ist es das nicht. Und schon gar nicht, wenn es so einfach anders ginge: Auf der Dachterrasse des City-Ikea beispielsweise stehen 160 Bäume in riesigen Töpfen (sie sollen ihre Umgebung um bis zu 1,6 Grad herunterkühlen) und 280 Solar-Paneele.

So eine Fotovoltaikanlage gehört auch auf das Dach des Leopold Museums. Denn erstens fehlt es Wien an solchen ohnehin und zweitens: So, wie die Libelle jetzt „gestaltet“ ist, will man sich dort eh nicht lange aufhalten.

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