Mehr Impfstoff: Was Kurz trotzdem hätte besser machen sollen

Mehr Impfstoff: Was Kurz trotzdem hätte besser machen sollen
Die Scherben des Porzellans, das der Kanzler beim Impfstoffstreit mit der EU zerschlagen hat, werden noch lange knirschen.
Ingrid Steiner-Gashi

Ingrid Steiner-Gashi

Das alles hätte Österreich oder sagen wir lieber Kanzler Sebastian Kurz viel einfacher haben können. Diplomatisches Verhandlungs-Porzellan hätte nicht zerschlagen werden müssen, dessen Scherben noch lange unter österreichischen Sohlen knirschen werden.

Dabei war das Anliegen des Kanzlers ein Berechtigtes: die Schieflage bei der Impfstoffverteilung in der EU sollte ausgeglichen werden. Doch der barsche Tonfall ("Basarmethoden"), die ruppige Vorgangsweise und der aus Wien vorgegebene Stil stieß bei den meisten anderen EU-Staaten nicht nur auf Befremden, sondern auch auf Empörung. Geschmeidige Verhandlungstaktik, die darauf abzielt, Lösungen zu erreichen, geht jedenfalls anders. Weniger EU-Bashing und die Fehleranalyse weniger bei den anderen und mehr bei sich selbst anzusetzen, hätte Wien gut getan.

War es doch Österreich selbst, das eine schlechte Planung beim Impfstoffeinkauf zu verantworten hatte – die Schuld dafür wollte sich weder Brüssel noch irgendein anderer EU-Staat von Kurz umhängen lassen. Entsprechend heftig war teils die Abwehr anderer EU-Regierungen, darunter einige gute Freunde und Verbündete Österreichs.

Was nun zusätzlich besonders fatal aussieht: Bei der Solidarität, auf die Kurz so pochte, spielen wir nicht mit. Andere Staaten geben Impfdosen freiwillig aus ihrem Kontingent für die benachteiligten Staaten ab, wir zunächst nicht. Aber hatte nicht Kurz genau das die ganze Zeit getrommelt?  Die Verteilung müsse korrigiert werden? Und jetzt ohne Österreich? Hallo? Das alles sah umso mehr danach aus, als wäre es uns in erster Linie nicht um Solidarität gegangen, sondern ums eigene Hemd. Aber selbst das wäre zulässig, wenn man ehrlich argumentiert hätte.

30.000 Dosen für Tschechien

Freitag Nachmittag dann der Befreiungsschlag: Österreich werde dem bedrängten Tschechien auf bilateralem Weg rund 30.000 Impfdosen übergeben, kündigte das Bundeskanzleramt an.

Es bleibt ein schwerer Imageschaden

Wir aber nehmen nun gerne jene knapp 200.000 zusätzlichen Impfdosen – die uns in jedem Fall zugeständen wären – ohne Druck und Drohungen, ohne Pokern und ohne Mini-Gipfel mit osteuropäischen Regierungschefs in Wien. Da bemüht man sich in Wien klarzustellen: Laut einem früheren Vorschlag hätte Wien nur 140.000 zusätzliche Dosen bekommen. Das ist wahr – dafür aber hätten die benachteiligten Osteuropäer eben mehr erhalten – und der von Österreich eingeforderte Korrekturmechanismus wäre zum Tragen gekommen.

Letztendlich alles gut, könnte man im Bundeskanzleramt das Ende des Tauziehens um die zusätzlichen Impfstoffdosen argumentieren. Österreich bekommt seinen, dem Bevölkerungsschlüssel entsprechenden Anteil, die Osteuropäer steigen auch gut aus und Tschechien wird auf bilateralem Weg auch von Österreich geholfen.

Bleiben aber wird der Regierung Kurz ein schwerer Imageschaden, und das auch unter politischen Freunden. Auf Brüssel zu schimpfen, wenn sich daheim damit Punkte machen lassen und von anderen Kalamitäten ablenken – diese Taktik war einfach zu grob gestrickt.

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